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Kritiken (1 980)

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Apflickorna (2011) 

Deutsch Alles, was ich im Black Swan vermisst habe, fand ich in diesem moderaten Debüt über die Jugend, Reifung und Selbstbestimmung von Mädchen. Ein geniales Spiel mit den Prinzipien eines Westerns, Mädchenromans und nordischem Nichfertiggesagtem in einem visuell und intellektuell ausgereiften Debüt, das weitgehend von Sami Sänpäkkiläs vernichtendem Klangmuster unterstützt wird. Sobald sich Lisa Aschan noch mehr von einem gewissen Grad an Konventionalität löst, den ich immer noch bei ihr wahrnehme, könnte es sich um eine der bekanntesten Figuren im filmemacherischen Norden handeln.

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Das Turiner Pferd (2011) 

Deutsch Wie einst Nietzsche berührte auch Béla Tarr sein Pferd und wurde sprachlos. Das Turiner Pferd ist kein Film über JENES Turiner Pferd, er ist DAS EINE Turiner Pferd. Ein narrativ erzähltes Bild von einer Welt, in der nichts mehr bleibt als Verzweiflung, Automatismus, Leere. Ein intellektuell monolithisches Bild einer verblassenden Welt, aus der Sinn und Hoffnung wie der letzten Seufzer entweichen. Übrig bleibt da nur die Dunkelheit, Stürme und das Diktat des Nichts, welches die Menschheit auf sich gerufen hat. Hand in Hand mit Tarrs persönlichem Mythos ist Das Turiner Pferd eine der großen Errungenschaften der zeitgenössischen Kunst, ein Gesamkunstwerk im nahezu vergessenen traditionellen Sinn des Wortes, eine narrative Loslösung vom Vertrag mit dem Publikum und mit der Welt, ein unverdünntes Schreiten entgegen der finalen Finsternis. Ein Film, der räsoniert und ich wage es vorherzusagen, dass dies eines Tages Bestandteil einer der großen Reflexionen über das Ende der Zivilisation sein wird.

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Halt auf freier Strecke (2011) 

Deutsch Ein überwältigender Film über Tod und Sterben, der nicht überwältigend ist, weil er dunkel, ausweglos oder aggressiv ist, sondern weil er voll von subtilem Humor, Natur und Mäßigung ist. Andreas Dresen ist unbezweifelt ein Genie, da sein neuester Film dank einer Methode der kontrollierten Improvisation entstanden ist und noch authentischer sowie intimer ist als jeder Dokumentarfilm über das Sterben. Meiner Ansicht nach ist dies wahrscheinlich der beeindruckendste Film über die letzten Dinge des Menschen, den ich je gesehen habe. Eine sensibel gedrehte Katharsis, welche die Augen der heutigen Konsumgesellschaft, die von der Oberflächigkeit und fortbestehen so besessen ist, darauf richtet, was sie doch so verzweifelt zu meiden versucht. Ein wohlwollender und unauffälliger Film über das Ende, den in diesem Jahr meines Erachtens nichts mehr überwinden kann.

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Transformers 3 (2011) 

Deutsch Der erste grundlegende Beitrag zum 3D-Weltkino: Michael Bay hat von einer epileptischen Schnittarbeit sowie von einem unerträglichen Gedonner an Details abgelassen. Die Aktion in T3 wird hingegen mittels einer einzigen Aufnahme in Zeitlupe aufgenommen, wodurch sowohl die großartigen visuellen Aspekte, als auch die sich perfekt bewegende Kamera hervorstechen. Außerdem bin ich gezwungen, mit einer gewissen Erleichterung festzustellen, dass die unerträgliche Zersplitterung des Zweiers sowie der lächerliche Versuch, die Transformers in einen metaphysischen Mythos zu verwandeln, verschwunden sind. Der Dreier ist eine pure Bay-ische Angelegenheit - wobei man im ersten Abschnitt noch einer klassischen Roboterpartitur folgt, im zweiten wird´s etwas rauer und wir haben es im Nu mit einer bayischen Alieninvasion zu tun. Sie werden kein härter gesottene Trickangelegenheit finden, und ferner muss das ganze auch dadurch, dank der epischen Einheiten auch die Fähigkeit des Regisseurs bewundert werden kann, eine riesige Leinwand zu bändigen, beeindruckend finden -selbst als eingefleischter Skeptiker. Alles andere ist mehr oder weniger nutzlose Gedöns, obwohl einige partiellen Scherze ganz gelungen sind und den ironischen Unterboden des Films vorbereiten, um die tonnenschweres Pathos walten zu lassen. Im Gegensatz zu bewehrtem Armabeton hat mir das hier jedoch enorm gefallen. All diese heldenhaften Ansichten, Kompositionen mit Sternenbanner und Streifen haben dank des schlechten Snychronsprechens bishin zu einem guilty-Pleasure-Pathos. So sieht der Bay aus, wie ihn der Mainstream braucht. Der letzte Mohikaner der Megabudgetstumpfheit, Beschützer von Klischees, Zerstörer der Invention. Ich könnte hier 4* vergeben, aber wenn ich mir das abgebildete amüsierte Lächeln und einen leicht heruntergefallenen wegdenke, sind die T3 genau jene Blockbusterart, die es mir beigebracht hat, Thor oder X-Men: Erste Entscheidung zu schätzen: Erstklassig. Bei allem nötigen Respekt, Herr. Bay: ***

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Hangover 2 (2011) 

Deutsch Die Nummer eins war eine Art gut gewachsener und verschwitzter amerikanischer Rüpel, der Zweier mutet wie ein verpienster Milchreis an, der seinen Vorgänger bei allem übertreffen kann - außerdem Maß der Notwendigsten, und das ist Humor und Spaß. Recyclete Witze haben zur Folge, dass man noch etwas mehr über die Grenze hinausgeht, jedoch auch, dass das, was im Einser natürlich oder überraschend wirkte, hier bereits nur affektgeladen und vorausschaubar ist. Am meisten habe ich bei der finalen Diashow gelacht ... Aus dem Hangoverthema wird somit erwartungsgemäß nur eine langweiligen Franchise, die in höchstmöglichem Maße von der tragenden Idee eines Wolfsrudels sowie eines großen Fensters profitieren wird. Für einige mag das genug sein, doch ich sage hier: reine Zeitverschwendung.

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X-Men: Erste Entscheidung (2011) 

Deutsch Ich gebe selbstkritisch zu, dass ich von Vaughn mehr erwartet habe, als er in der Lage war abzuliefern. Wenn sich ein magnetischer Fassbender oder ein nachdenklicher McAvoy über die Leinwand bewegen, so ist es um Haaresbreite so, wie ich gehofft habe - dunkel, verschlingend, in erwachsenem Maße lustig. Die  X-Men: Erste Entscheidung kommt mit einer sehr ernsthaften Botschaft daher - der Film dreht sich um kollektive Schuld, Rache, das Recht, die Welt zu regieren. Die besten Szenen sind nicht die Action-Szenen, sondern die am meisten konversationsgestützten, in denen deutlich wird, wie tief die Filmemacher herabsteigen können und wie suggestiv diese Comic-Saga funktionieren kann. Je realistischer und fortschrittlicher die X-Men aussehen, desto mehr Probleme haben sie mit diesem "Teenie"-Element. Glücklicherweise behielt sich Vaughn eine gewisse Distanz und Einsicht bei, doch die Erste Entscheidung hat mich, abgesehen von den Mentoren, überhaupt nicht interessiert un passte nicht so recht in meine Gleichung. Sowas gab´s zu Singers Zeiten nicht. Es war, als ob sämtliche Energie und Anziehungskraft auf das zentrale Duo gefallen wären. Dies wird jedoch mit absolut verheerender Energie belohnt, und obgleich der Film gelegentlich schnauft, gibt´s am Ende Emotionen sowie eine Tiefe zu sehen, die sehr mit dem legendären Zweier sehr nahe verwandt ist. Es ist eben einzig und allein der Vergleich mit Singers Kohärenz und Gelassenheit, der mich davon abhält, vollends begeistert zu sein. Auf jeden Fall wäre ich sehr überrascht, sofern in diesem Jahr ein stilvolleres und gefühlsvolleres Spektakel in die Kinos käme.

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Das Massaker von Lidice (2011) 

Deutsch Verdiente Eitelkeit. Es ist ein wenig traurig, dass die intime Geschichte des von Nazis vernichteten tschechischen Dorfes Lidice nur dank Lidice als Symbol des Genozids beeindrucken kann. Aber wir müssen uns da gar nicht so sehr wundern. Die Figuren wirken leer, Mahler bewegt sie regelrecht didaktisch über das Schachbrett, Riestras Kamera kann sich nicht zwischen theatralischer Stilisierung der Szene und Realismus entscheiden und dem Film fehlt es absolut an jeglichem Rhythmus und das Ganze ist bis zum Verzweifeln aus dem Gleichgewicht geraten. Und wenn´s denn schon mit den Charakteren nicht geht, dann zeigen wir doch eben eine Hinrichtung, Nägelkratzen, Kinderhände hinter dem Glas eines Gasautos ... Erbärmlich, pathetisch, zu arg gewollt. Das Massaker von Lidice ist ein klassischer Schulfilm - Eindruck schinden und nicht denken. An Fragen fehlt es hier, das Ganze ist in holprigen Aussagesätzen geschrieben. Kontrapunkt des Protectors. Ein Film, der meiner Ansicht nach keinen weiteren Beitrag zum Verständnis der nationalen Vergangenheit abliefert außer der Verdienste. Die einzige wirklich aufregende Szene ist die folgende: Als Šíma zum Schluss aus der offiziellen Geschichtsschreibung verbannt wird. Schon traurig, dass nichts grundlegendes passiert ist, obwohl ihn Nikolaevs Film wieder in den Film eingefügt hat.

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Melancholia (2011) 

Deutsch Es ist bei weitem nicht so vielschichtig oder symbolisch verbunden und zeitgleich verwirrend wie der Antichrist. Eigentlich ist das ganze ziemlich unausgeglichen. Der erste Teil (Justine) ist eine klassische rohe Sonde in eine "Zeremonie", bei welcher der Schlamm pathologischer Beziehungen mitsamt der völligen Leere der Neuzeit unter der angenehmen Fassade aus Luxus verborgen (die Szene, in welcher die Helden frenetisch die geöffnete Repoduktionen modernistischer Bilder gegen Leinwandmalereien Breughels und Carravagios austauscht, die Episode mit der Werbeagentur und einem idealen Slogan). Die Inspiration durch Vinterbergs und Lars‘ Wurzeln beim Dogma 95 ist hier mehr als ersichtlich. Treibkraft des ganzen ist die unglaublich verräterische und dunkle Kirsten Dunst, die ein irdisches Spiegelbild des sich nähernden Planeten Melancholie zu sein scheint - attraktiv, destruktiv, unberechenbar. Im zweiten Teil, welcher nach Justinas "gemäßigter" Schwester Claire benannt ist, sind wir Zeuge eines seltsamen eintönigen Wartens auf eine Katastrophe, wobei Trier seine Perspektive etwas vom Inneren der Charaktere zum Himmel verschiebt, aus welchem der Untergang naht. Einige Dialoge kommen mir mit etwas Abstand gestreckt und etwas leer vor, jedoch die gesamtheitliche Vibration ist kraftvoll, wobei am kraftvollsten wohl die Schlussfolgerung wirkt. Diese seltsame Statik sowie Passivität der Charaktere ist im Vergleich zu den besessenen "Weltverbesserern" amerikanischer Filme ja eigentlich aufregend. Justinas Abwertung schwebt quasi wie ein Memento über der Melancholia: Das Leben auf der Erde ist böse. Es macht keinen Sinn, hierin nach Philosophie oder eine Botschaft zu suchen. Trier fokussierte sich auf die Charaktere sowie die massiv anschwellende Welle des Gefühls, welches zwischen Himmel und Erde, Lachen und Traurigkeit, Liebe und Hass hin- und herschwankt. Die Melancholie hat in der Tat einen zutiefst melancholischen Eindruck bei mir hinterlassen. Es macht keinen Sinn zu fragen: wonach. Melancholie entbehrt ja eines klaren Ursprungs. Sie ist wie dieser Planet. Sie taucht schlichtweg einmal der Sonne auf und schlägt sodann gnadenlos auf. Es spielt gar keine Rolle, wie viele rationale Anschuldigungen wir in Triers neuem Film herausstöbern. Es ist vor allem purer und schöner Fetisch. Wenn Sie vom selben blaugrünen Planeten wie Lars stammen, dann sicherlich.

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Pirates of the Caribbean 4 - Fremde Gezeiten (2011) 

Deutsch Aber ja, nach einem merklich überfetteten Zweier (und einem Dreier, den ich es jedoch nie gewagt habe mir anzusehen) ist dies wieder ein ziemlich flottes und ehrliches Abenteuerding. Leider können wir nur schwer den Eindruck loswerden, dass Marshall anstelle eines Actionfilms eine Art girly historischen Fetisch gedreht hat, aus dem all des Rüsch sowie der schönen Ausstattungselemente wegen die Zähne verschwunden sind. Sofern denn der Film sie in der Meerjungfrauenjagdszene hervorhebt, wirkt dies wie ein sehr schönes dunkles Märchen. Ansonsten ist es eher ein Aufhänger für schöne Szenerien, sympatische Schauspieler und ultrablöde Dialoge, die nicht einmal Depps Clowngrinsen rettet. Je ernsthafter der Film stellenweise bemüht ist, eine Wirkung zu hinterlassen, desto weniger passt der Hauch der alten Piratenfarce hier hinein (besonders in der Anfangsszene in Londons knartscht es gewaltig). Um es zusammenzufassen - schöne Kostüme, ein augeschmeichelndes Design, eine immer schmackhaftere Penelope, eine sehr schmackhafte Meerjungfrau und andererseits ein aus einem Holbein gesaugtes Drehbuch, eine auffällige Choreografie sowie etliche nutzlose Szenen. Nein, die vierten Pirates of the Caribbean können weder beleidigen, doch leider eben auch nicht begeistern.

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Tetro (2009) 

Deutsch Es handelt sich um die Arbeit eines Mannes, der weiß, dass ein direkter Blick ins Licht tödlich sein kann. In einer Kombination aus Theatralik, Archaismus, Allusionen, aus Freudschen Schemata und Stilisierung findet Coppola die begehrte erzählerische Sicherheit, Zeitlosigkeit und perfekte Kontrolle über dem, was er erzählt. Diese seltsame und sehr reichhaltige Kombination vieler Inspirationen (von den Schwarz-Weiß-Klassikern der 1940er, 1950er Jahre bis gar almodovarstilisierten Ausdruck) wirkt ebenso monumental und versteinert wie die patagonischen Gletscher. Emotionen bewegen sich hier langsam wie eine Eismasse, frösteln, sie greifen nicht ein, der Film kokoniert sich in nachdenkliche Bahnen und schematisierte Bilder eines Familienzerfalls und kreativer Qual hinein. Coppola in der Tat seinen letzten Willen gefilmt - es gibt keinen Raum mehr für Reißerisches oder ein Experiment, sondern lediglich, um sich in einem sicher abgesteckten Raum einer meisterhaft beleuchteten und eingefangenen Szene zu bewegen, die größtenteils Coppolas privates Theater ist. Tetro kann nur schwerlich eingreifen, jedoch er gehört sicherlich zu den bemerkenswerten Errungenschaften für einige Auserwählten.