Marigold

Es gibt hier ein starkes Thema sowie Potenzial zur besonderen Dynamik zwischen Vater und Sohn, doch das verspielt der Film sofort durch die zwar fleißige, jedoch nicht außer Rand und Band geratene Regiearbeit. Jede Aufnahme dauert hier subjektiv gesehen eineinhalbmal so lange, während der Film verwirrt, bruchstückartig aussieht und wenn denn die Charaktere manchmal nicht bilancierten, was geschehen ist, würden einige Momente verloren gehen. Das Streben nach einem unvoreingenommenen Abbild der Einwanderung verliert dank dem leicht verwirrenden Ende etwas den Boden unter den Füßen. Das Ganze mutet an wie lau zusammengefügte Erinnerungen und Momentaufnahmen, in denen es an Integrität und innerer Stärke mangelt. Das einleitende Zitat von Adorno ist zwar wahr, jedoch es stimmt ebenfalls, dass die Rückkehr in die eigene Kindheit nur dann wertvoll ist, wenn der Schöpfer hierin mehr als nur die Zauberhaftigkeit dessen entdeckt, die eigenen Erinnerungen darzustellen. Und Babai - Mein Vater bemüht sich womöglich, die dardenneähnliche Kinetik einer hartnäckigen Hauptfigur darzubieten, jedoch die meiste Zeit über beharrt er hilflos an einer Stelle, ohne auf imposante Art und Weise beobachten zu können. Die meiste Zeit über beschreibt er ja nur. Zweite Festivalliga.

Der witzigste Film des Festivals. Die Geschichte eines Junggesellen wird von einem erfindungsreichen Intellektuellen benutzt, um drei Menschentypen zu analysieren und die Sehnsucht des zeitgenössischen Rumäniens zu ironisieren, einen einfachen Weg aus der Stagnation zu finden. Ein pazifistischer Robin Hood, bewaffnet mit einem nervigen Detektor, einer schlagkräftigen Pointe und Laibach. #kviff2015

Eine durchweg Schwarzweißkarikatur von Fremdenfeindlichkeit und nationalistischer Selbsttäuschung, welche sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Rumänien abspielt. Ein ironisches Grinsen über dem gesunden Menschenverstand und der Tendenz, die eigenen moralischen Fehler sowie Zugeständnisse mit einer Flut an Aphorismen zu vertuschen, in welchen der gewöhnliche Mensch den Kürzeren zieht und ausschließlich die anderen miese Kerle sind. Ein durchweg lethargischer "Eastern", welcher die Vorliebe meiner innigsten Schwächer für eine ähnliche Art an Geschichten, nutzlosen Charakteren sowie ihre Neigung zum Sentiment über ihr eigenes Schicksal hat anklingen lassen. #kviff2015

Eine unhaltbar überspannte Form, regelrecht abstoßende Bildverarbeitung, Neigungen zur Erpressung, zu kurz gefasste Psychologisierung von Charakteren und populistische Lösungen moralischer Dilemmata. Ein unglaublich nerviger Charakter des Maradona, welchen in seiner Jugend ein Pastor sodomisiert hat, was sich auf seinen Charakter so ausgewirkt hat, dass er auf dem Lande herumläuft und überschwenglich den Spermageschmack beschreibt mitsamt dessen, wie er verschiedenartige Dinge verschluckt. Ich war von der Ferse bis zur Vorhaut gerührt. Aus meiner Sicht ist dies eine große Verfehlung meines beliebten Regisseurs. #kviff2015

Es handelt sich um eine bemerkenswerte Neuinterpretation einiger archetypaler Seefahrergeschichten (insbesondere Coleridges "Balladen eines alten Seemanns"), in welcher wir ähnlich wie bei Sivas und Mustang eine kritische Reflexion des traditionellen patriarchalischen Modells einer jungen Generation türkischer Filmemacher auffinden können. Gutes Casting, ordentlich geführte Schauspieler (insbesondere der große Toxo-Assi Cenk und das prähistorische Kurdenobjekt), die Fähigkeit, Spannungen abzubauen. Leider wird all dies durch die unnötige symbolische Wortwörtlichkeit des letzten Aktes gestört. Die Pointe ist jedoch schön. #kviff2015

Trotz eines gewissen Zerfallens sowie der Tatsache, dass der Film viel impressiver ist als ein authentisches Dokudrama ist, welches über verschiedene Formen der Gewalt auf dem traditionsgestützten türkischen Lande erzählt, als eine intime Geschichte, stellt Sivas doch ein beeindruckendes Versprechen der jungen Generation dar, welche der ländlichen Tradition nicht mehr mit lyrischer Demut älterer Filmemacher begegnet, sondern sich bemüht die. partielle Unsinnigkeit sowie harte physische Manifestationen aufzufangen. Dies ist in vielerlei Hinsicht ein allzu abschnitthafter Film, der jedoch über die Gabe verfügt, die grausame Essenz der traditionellen Kultur zu vermitteln, in welcher jedes Wesen deshalb geboren wird, um eine vorbestimmte Mission zu erfüllen. Auf jeden Fall ist dies suggestiver als der erpresserisch wirkende "Super" Mustang.

Ich verstehe das Genre, zu welchem dieser Film gehört, nicht vollends (eine Frau, die im Krankenhaus nach einem Kaiserschnitt umherläuft, ist zweifelsohne Science-Fiction), doch meiner Ansicht nach kommt das Ganze einer Exploatation am nahesten, wo ein hungerndes Kind und ein verfressener Regisseur, der nahezu hitchkokmäßig rüberkommt, die Hauptrolle darbieten - und die taxidermische Symbolik, na was soll den das? Ich muss schon sagen, dass dies als eine Art Wohnungskrieg um ein Baby, das von einem ekelhaften Fischauge aufgenommen wird, außerordentlich unterhaltsam ist, als B-Movie dient und solide gespielt ist. Vor allem aber darf man den Streifen eben nicht ernst nehmen. #kviff2015

Das balkanische Modell, die Geschichte der Region metaphorisch in eine intime Geschichte hieinzuspiegeln sowie der Grundriss eines Liebestriptychons - erhoben auf ein vollkommen neues (aktuelles) Level. Kusturica et al. zwingen sich selbst in immer leblosere Burlesken hinein, Matanić findet in der traumatisierenden Geschichte ein vollends neues Leben sowie eine mitreißende Energie zur Regieführung, was einer der Höhepunkte des diesjährigen Festivals ist. #kviff2015

Der Kreislauf der Natur und der Kreislauf des Lebens haben sich in die minimalistische Sprache der langen Aufnahmen sowie der ländlichen Symbolik hineingeschlichen. Es gibt da auch eine im letzten frenetischen Drittel eingefügte Gesellschaftskritik des zeitgenössischen Guatemalas, die beweist, dass Bustamante ein souveräner Debütant ist, der es vermag, geschmackvolle Emotionen sowie mehrere einfache Bedeutungsebenen zu kombinieren. #kviff2015

Es handelt sich hierbei um ein so schrecklich naives Schielen in Richtung Malick / Herzog, dass selbst der implizite Rassismus einen zum Grinsen zwingt. Badalamentis Selbstausraubung wirkt beeindruckend, das Bild eher stockend, wobei das letzte Drittel, in welchem der Held Christus / Marlow / ein Renaissance-Mensch einen Lehrstuhl für alternatives Theater gründet, bereits ausgesprochen lächerlich ist. #kviff2015