Marigold

Sicherlich, es handelt sich bei weitem noch nicht um das sprichwörtliche "Quality-TV", um nichts megasuper gesellschaftlich bewusstes, gendermäßig unterwürfiges usw., aber es ist einfach brillant geschrieben, dramatisch gesehen gut konzipiert, elegant gedreht und hervorragend schauspielerisch besetzt / gespielt. Von den Mainstream-Streifen kann da gegenwärtig lediglich The Crown mithalten, mit dem dieser Film hinsichtlich der Leichtigkeit und Zugänglichkeit, an der es nichts Banales gibt, auf Augenhöhe liegt. Der Aufbau gleicht dem klassischen von Null-auf-Held-Schema, ist jedoch derart überzeugend und durchdacht, dass ich von der Vorhersagbarkeit gerne absehe. Mit Beth war ich so sehr einer Meinung wie mit kaum einer Heldin in letzter Zeit.

Seit Spuk in Hill House habe ich keine besser konzipierten und durchgeführten Gruselszenen gesehen. Obwohl der Film gegen Ende etwas an Standfestigkeit verliert, so bleibt diese originelle Mischung an sozialem Drama über Anpassungen und Traumata zweier Einwanderer sowie klassischem Spukhaus-Horror ein einzigartiges Beispiel für einen Film, in dem sich Genre- mit Kunstambitionen vereinen. Es fungiert als Metapher der Schuld und Entfremdung sowie als intensiver Horror, bei welchem Dinge aus dem Inneren auf die Wände des Hauses projiziert werden. Eines der Top-Filmdebüts des Jahres! Ich sehe, dass es wieder große Anforderungen an die lokale Brown Association of Friends of Film Lobotomy stellt, aber Jungs, ihr könnt euch immer noch der Neuvermessung diverser Körperteile von Hunden widmen, denn das wird euch besser gelingen.

In gewisser Weise hat es Borat Anschluss Moviefilm heutzutage um einiges schwerer als vor 14 Jahren, denn was damals ein Exzess am Rande war, gehört mittlerweile zum Normcore. Doch Sascha gelingt es, noch eine Schippe draufzulegen und obwohl er die grundlegenden Witze wiederverwendet, sind sie immer noch großartig und funktionieren auch in dieser partiellen Improvisation. Es tauchen ein paar Instant Classics auf (das Hereinplatzen bei einem republikanischen Kongress, der Menstruationstanz, die Synagoge, das Konzert und vor allem Rudis kaum vorzustellende Analverkehr-Szenen). Sowohl der Anfang als auch das Ende haben eine hervorragende Kadenz, Maria Bakalova ist ein tolles Sidechick, obwohl die akzentuierte Familienlinie sicherlich eine Schwäche darstellt. Meiner Ansicht nach bleibt Borat Anschluss Moviefilm eine der wenigen völlig freien Formen satirischer Kommentare zum Zeitgeschehen, in denen der ungehobelte Kasache mit einer Sammlung hochgradig frauenfeindlicher, antisemitischer und rassistischer Ansichten wie eine Liebkosung unrasierter Körperteile fungiert. Die Welt dreht sich dem Allerwertesten zu und Leute, das ist ein Ding wie Cohen das schützt, was noch vom gesunden Menschenverstand noch übrig geblieben ist.

Eine von einem vergebliche Lehrer unterrichtete Geschichtsstunde für Mittelstufenschüler, der gerne damit prahlt, wie es ihm gelingt seine Auslegungen zugänglich zu gestalten, wenn auch um den Preis, dass damit Wesentliches verloren geht. Dies ist eine Art Gerichtssaal-Sitcom, die jedoch immer noch am Rande eines Cartoons schwingt. Das Gerichtsverfahren selbst mit den Ereignissen während der Demonstration zu verknüpfen ist regietechnisch etwas holprig, wobei das Drehbuch diesen Streifen bishin zu einem leicht zwielichtigen selbstbefriedigenden Leierspiel entwickelt. Was die Besetzung betrifft, funktioniert das Ganze zufriedenstellend, ist nicht langweilig, jedoch meines Erachtens geht dies über den Rahmen einer halbwegs guten Unterhaltung nicht hinaus, die meiner Ansicht nach zu hohe Ambitionen Kund gibt, gesamtgesellschaftliches Unterhaltungsereignis zu werden.

Manchmal ist Alkohol sowohl Ursache als auch die Lösung aller Probleme, um Homer Simpson zu paraphrasieren. Vinterberg dient das mit frischem Hauch wehende und gut geschriebene Drehbuch gut, besonders jedoch die Zusammenarbeit mit dem berühmten Kameraman Sturlo Brandth Grøvlen, dem es gelingt, Realismus und Kamerakinetik in einer Form zu kombinieren, in der man sich wirklich berauscht fühlt. Ja, in gewisser Hinsicht stellt sich dies wie ein modellhaft aufgebautes Drama in Die Jagd dar, in dem man spürt, wohin die Reise geht. Vinterberg schafft es jedoch, schmerzlich persönlich und höflich zu sein, was ihm in der toten Kommune bis zur Verzweiflung nicht gelingen konnte. Seine Figuren und ihre betrunkene realitätsgetriebene Bewegung sind völlig frei von Moral und in diesem Film steckt etwas ungewohnt Aufrichtiges. Während Vinterberg nach Dem Fest gelegentlich als Manierist oder apathischer Leinwandwerker wirkte, überwiegen hier Dringlichkeit und sarkastische Energie. Es ist eine der besten Dramatisierungen der Leere sowie eines Gefühls der Wertlosigkeit, die in einem bestimmten Alter auftreten. Zeitgleich drückt Der Rausch die flüchtigen Gefühle der Euphorie mitsamt derjenigen Momente, in denen ein Mensch das Gefühl hat, zum Leben gereift zu sein, auf brillante Art und weise aus (so um uns im Nu enttäuschen zu können). Hierbei handelt es sich um einen Film der von einer schmerzhaften Suche, einer destruktiven Freundschaft sowie über die Tatsache erzählt, dass Katharsis nicht unbedingt bedeutet, die Antwort zu finden, sondern sich dem Moment hinzugeben. Mit seinem letzten Auftritt bestätigt Mikkelsen seine Höchstform und beschreibt mit seiner Bewegung etwas, das ich sehr gut kenne und das ich in Filmen in dieser transparenten nordischen Offenheit nicht so oft antreffe.

Ihr alle empörten Abtrünnigen, ich habe einen erfreulichen Rat für euch, für den ihr mir eines Tages danken werdet. Pfeift auf die Kritiken unabhängiger Filme. Dafür hat man doch keinen Grips, ebenso, wie ein Schwein keinen grauen Zellen für Algebra hat. Denn Sie sind nicht einmal in der Lage dazu, elementare Bedeutungen zu verstehen. Bei den Mignonnes handelt es sich zum Beispiel um keine Verteidigung des Multikulturalismus, der neuen Welt, der Pädophilie oder anderer Perversionen, die nur im Kopf herumschwirren. Es wird auf eine ganz einfache und archetypale Art und Weise die Geschichte über eine Rebellion sowie die Wahl zwischen zwei Welten erzählt, die einerseits die Form "senegalesischer Brautkleider" und andererseits die Form von Kostümen aus Luxusmusikvideos annimmt. Mignonnes erzählen von zwei Extremen, und für beide ist der Film verschiedenartig kritisch, zumal sie sich auf Körper und Geist der Hauptdarstellerinnen negativ auswirken. Diese ist letzten Endes gezwungen, den traditionellen Weg des "Erwachsenwerdens“ zu durchlaufen - um zu erkennen, dass keine kulturelle Uniform Erlösung und noch die Antwort auf die Frage "Wer ich bin" bringt. Ansonsten ist es eine gut gedrehter, persönlich eingestimmter, leicht naiver Indie-Movie. Wer hierin glaubt, die Pädophilie, Zionismus, Neomarxismus oder noch Sonstiges zu sehen, sollte den nächsten Tierarzt aufsuchen, um die entsprechende OP durchführen zu lassen. Ja, ihr Herzallerliebsten, das ist kein Netflix-Film, denn Netflix hat diesen erst nach der Aufführung bei der Berlinale und dem Sundance-Festival als fertigen Streifen gekauft. Bitte einmal zu Beruhigung mit lauwarmem Wasser waschen. Muck.

In den Besten Momenten riecht es nach einer deadpanähnlichen Exaktheit nach von Kaurismäkis Filmen über vergessene Verlierer. Eine Gruppe Illegaler lebt in der Grauzone zwischen zwei Welten am Rande des Interesses, die Sharrock treffend dank einer trostlosen schottischen Insel illustriert. Bei sorgfältig arrangierten Aufnahmen fehlt es an einer deprimierenden Dimension sowie einem befreienden Sinn für Humor nicht. Gewissermaßen ist es jedoch ein Problem, dass wir Limbo trotz seines Minimalismus zu tief in den Magen hineinschauen dürfen und zweitens gibt es hier noch eine zweite, dramatische Hälfte, die keinesfalls so gut funktioniert wie die Einleitung. Definitiv handelt es sich bei diesem Film nicht um einen, der einfach so ohne Nachhall ausklingt. Dafür ist er einfach zu stilvoll, allerdings ist es auch nichts, was 103 Minuten Länge ohne Stottern oder Schemata rechtfertigen würde.

Es handelt sich um einen gut aussehenden und gut klingenden Fehler. Mankell war zwar politisch links ausgerichtet, wurde allerdings niemals naiv. Seine Geschichten gingen bis ins Knochenmark hinein und scheuten es nicht, die Tücken der schwedischen Gesellschaft zu beim richtigen Namen zu nennen. Harris hat eine naive Story mit zweidimensionalen ideologischen Schablonen zusammengebastelt, in welche sich die gesamte Beamtenschaft der Polizei von Malmö nach der Intuition eines eifersüchtigen Anfängers richtet. Den Mörder erkennt im zweiten Teil ein Scandinoir-Veterane, so dass wir uns ab dort nur noch amüsieren können, wie ratlos doch die Geschichte verläuft. Vom Casting her gesehen stellt jedoch Adam Pålsson eine gute Wahl dar. Mit den Seinybo Seys Songs wird schon keiner einen Fehler begehen und Volvos sehen ja auf dem Bildschirm gut aus ...aber das ist doch ein bisschen wenig, oder?

Ein müdes, hoffnungslos überstrapaziertes Südstaatenepos mit klobiger Regie, fragwürdiger Dramatik, ziemlich düsterer Kameraführung und soliden Schauspielern, die den Film über das Niveau des Mittelmaßes heben. Campos ist genauso ein Regisseur wie ich ein Hubschrauber bin.

Ich hätte nicht erwartet, dass ich jemals so etwas fühlen werde. Hier ist es aber passiert: BITTE MEHR SPRECHENDE KÖPFE UND WENIGER VERSUCHE, DAS WERK WIE EINEN FILM ZU GESTALTEN. Das Thema ist verdienstvoll, die meisten Protagonis*innen sind ausgezeichnet.