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Kritiken (1 979)

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Brügge sehen... und sterben? (2008) 

Deutsch Für den einen der Himmel, für andere die Hölle, für alle jedoch ein Fegefeuer. Ein existenzieller kammerähnlicher Gangsterfilm über Schuld, Vergebung und Korrektur, der sich auf faszinierende Art und Weise von einer romantischen Tour durch die Schönheiten des flämischen Landes bishin zur verkrümmten Bosch-Leinwand entwickelt. Brendan Gleesons tonnenschwere väterliche Leistung, Colin Farrels affektiert kindliche Kreationen und das von Ralph Fiennes verkörperte strenge alttestamentliche Prinzip - und druherum befinden sich sorgfältig konstruierte Theaterdialoge, fantastisch abgestufte Bilder sowie eine intensive Atmosphäre, die eng mit der Art und Weise zusammenhängt, wie sich Filmemacher der flämischen Gotik bedienen. McDonagh lässt sein dramaturgisches Talent bewundern (manchmal mutet dies eher wie ein Theaterstück in einer hinreißenden Filmpackung an), jedoch zeitgleich wird die Magie der Filmsprache nicht in den Hintergrund gerückt (brillante Arbeit mit der Dynamik des Geschichtenerzählens). Infolgedessen wächst das bescheidene Brügge sehen... und sterben? zu einer umfassenden Filmmetapher heran, deren Bosch-Pointe ebenso schön wie frostig ist. In diesem Kontext mögen Namen wie Ritchie oder Tarantino erwähnt werden, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass McDonagh unprätentiös und nachdenklich seinen eigenen Stil prägt. P.S. Ich weiß eigentlich gar nicht warum, aber irgendwie erwuchs der Wunsch in mir, dass dieser Mann einmal einen Bondfilm dreht ... zum Beispiel mit Colin.

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Okresní přebor (2010) (Serie) 

Deutsch Diese Serie ist voll von Vulgarismen und umgangssprachlichen Wörtern. Es ist völlig egal, dass oft eine Handlung fehlt, weil es so schön realistisch ist. Man riecht durchgeschwitzte Unterhosen, es ist klebrig wie ein vergossenes Bier. Die Folgen werden immer mehr gesteigert, bis eine Phase kommt, in der die Figuren aus einem völlig gewöhnlichen Satz einen ausgezeichneten und treffenden Witz machen. Falls Kožené slunce "Zákon pralesa" war, ist Okresní přebor ein eifriges und sich verbesserndes Apokryph. Eine der wenigen tschechischen Serien, die passen und deren Krämpfe ausschließlich durch die Unfähigkeit der Drehbuchautoren verursacht wurden. Edit nach der 12. Folge: Ich gebe der Serie fünf Sterne. Es ist traurig, dass eine Xenophobie-Reflexion mit so viel Grazie erst eine Serie machen muss, in der es einfache Sätze gibt und jedes zweite Wort Scheiße ist. Die Folge "Láska" ist eine so treffende soziale Sonde, dass ich die Serie mit fünf Sternen bewerte. Sie hat sich nämlich definitiv von dem "poetischen" Vorbild befreit und fährt sicher wie ein gut geölter Traktor. Ihr rüpelhaftes Wesen ist kein Gesicht, sondern eine Maske. Das fand ich unterhaltsam. Deshalb bin ich auch bereit, die stark schwankende Qualität zu vergessen.

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R.E.D. - Älter. Härter. Besser. (2010) 

Deutsch Schwentke müsste etwas mehr als ein lehrsamer Routinier sein, damit RED eben als etwas mehr als lediglich eine solide Angelegenheit herüberkommt. Alles ist hier recht dynamisch zusammengefügt, jedoch der Stil wurde anderswo abgeschaut, so dass er definitiv nicht konsistent ist. Die Geschichte ist auf comicsähnliche Weise leicht übertspitzt und in der filmischen Erzählung mutet sich bis zum Entsetzen banal an. Aber die alten Kapos sind einfach dolle und die Arbeit geht ihnen von der Hand. Am Ende habe ich mich wunderbar amüsiert und war überzeugt davon, dass hier ein einfallsreicher Steuermann das Kommando übernähme, könnte diese Fahrt enorm an Sinn gewinnen. Jedoch entsprechend der Umstände haben wir hier eben nur etwas unterhaltsames.

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Ach, ty vraždy! (2010) (Serie) 

Deutsch Eine greisenhafte Unterhaltung (das würde ich der Serie verzeihen, weil die Alten immer noch viel Energie haben) mit einem total senilen Drehbuch (was ich nicht durchgehen lassen kann, weil das Ganze an Agatha Christie nach einer doppelten Lobotomie erinnert). Ich verstehe, dass man den Rentnern erklären muss, wie man den Akku aus einem Handy herausnimmt. Brauchen sie aber wirklich einen unsinnig dünnen Brei mit einem Krimi-Plot, der so kompliziert wie eine Klospülung ist?

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The Social Network (2010) 

Deutsch Ich bin nicht hingerissen, doch eines hat mir an diesem Film gefallen - er ist vollends "anti-Facebook“ orientiert, sofern er die "Masse" der Filmsprache, den präzisen dialogischen Aufbau sowie die schnelle Kombination von räumlich-zeitlichen Ebenen betont. Dank dessen geht es hier um eine voreingenommene, aber mit etwas Abstand bereits vermittelte Aussage über ein soziales Phänomen, über eine Gruppe von Menschen, welche heute die Gesellschaft so maßgeblich prägen wie Staatsapparate. Dem often Vergleich mit There Will Be Blood stimme ich zu, obwohl Fincher meilenweit ins Hintertreffen gerät. Zuckerberg und Plainview sind Charaktere, welche die Leidenschaft für flüchtige Essenzen gemeinsam haben, aber in dieser Hinsicht gelang es PTA weiter herabzusteigen als David, bei dem es manchmal schein, als sei er von oberflächlicher Magie verzaubert (z. B. Ruderrennen, ästhetisch packend, jedoch irgendwie außerhalb des Konzepts) und vor allem dadurch eingeschränkt ist, dass Sorkin aus offensichtlichen Gründen in Marks Psychologie gar so sehr kontrovers sein kann. Somit klingt die Motivation für das gesamte soziale Experiment unweigerlich recht konstruktiv aus. Ansonsten aber aller Achtung - dafür, dass ich zwei Stunden lang Menschen beobachtet habe, die ich nicht verstehe und in gewisser Weise verachte, habe ich mich toll amüsiert und ich habe viel verstanden. Da sage ich auch skrupellos: Zuckerberg mag zwar ein seltsamer Assi sein, aber er ist definitiv ein großer Macher. Dank seines antisozialen Charakters hat er etwas dargelegt, was seit der Antike in der menschlichen Psyche und Gesellschaft verankert ist.

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Zoufalci (2009) 

Deutsch In etwa wie eine bürgerlichere und weniger gestylte Version des tschechischen Films Einzelgänger, was jedoch nicht bedeutet, dass es mich irgendwie weniger stören würde. Eher im Gegenteil. Obwohl es für hiesige Verhältnisse überdurchschnittlich gut gedreht und gespielt ist, komme ich irgendwie kann mit diesem Analysieren assozialer Schwulen und perspektivloser Frauchen nicht so wirklich zurecht. Ich weiß nicht, was an solchen Menschen so interessant ist, um ihre Unfähigkeit sowie Lächerlichkeit 102 Minuten lang ohne jegliche Katharsis zu betrachten. Aber ich wiederhole lediglich, dass dies für die jetzige tschechische Kinematografie eine leidliche Leistung ist.

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Der Tod des Stalinismus in Böhmen (1990) 

Deutsch Eine ausgezeichnete Metapher des Kommunismus, die exakt das ist, was sie nicht ausdrücklich abbildet - es sind weder Symbole von Anführern, noch verblödete Menschenmassen, jedoch gerade diese mysteriösen Hände des Chirurgen-Demiurgen stellen das wahre Dunkle in Švankmajers Film dar. Wer ist das? Vielleicht der Große Andere gemäß Lacans Konzeption, jener dunkle, nicht symbolisierte Ort der Realität, der uns in die Arme verschiedenster Totalitäten sowie ihrer ikonischen Gesichter treibt. Der Große Andere hat weder Gesicht noch Körper, bewegt jedoch unsere Existenz ... Vielleicht geht es daher nicht so sehr darum, dass die Transformation vom Phantom eines totalitären Regimes gekennzeichnet ist, sondern darum, dass jedwede menschliche Bemühung, sich dieser Wahrheit anzunähern, von diesem "nicht existierenden" Phantom ereilt wird.

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Pusher 3 (2005) 

Deutsch Top. Dahingehend, dass hier sämtliche partiellen Motive der beiden vorhergehenden Folgen zu einem unglaublich starken und kompromisslosen Ganzen des Filmemachens zusammengefügt werden, welcher die kaum geahnten Grässlichkeiten dem Zuschauer mit einer metzgerähnlichen Offensichtlichkeit vorschiebt. Burič war in den vorigen Pushers ein Charisma-Generator, jedoch hier hat er den Kontrapunkt der in sich verschlossenen Nordländer genossen. Sein Milo birgt die serbische Theatralik, die Heißblütigkeit und Unmittelbarkeit sowie das Markenzeichen eines unantastbaren Paten in sich - umso schmerzhafter ist sein Sturz in die Kluft der Einsamkeit. Die größte Bestrafung in der Pusher-Serie sind keine Kugeln oder Messer, sondern hilflose Einsamkeit und Isolation. Der Dreier wagt sich in dieser Hinsicht am weitesten heraus, hat den ausgeprägtesten inneren "Bogen", was die Konstruktion der Hauptfigur betrifft und der Schluss ist meisterhaft bewegungslos und dennoch kreischt geradezu das Titelgefühl der gesamten Trilogie. Der moderne Paten-Junkee der kopenhagener Peripherie. Die Refn-Trilogie ist keinesfalls weniger.

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Pusher II: Respect (2004) 

Deutsch Der zweite Pusher zeichnet sich durch mehr Passivität aus - Mikkelsens Tonny war bereits im Einser im Schlepptau der Ereignisse und "Muster". Dies wird für ihn in einer Geschichte, die von einem gewissen Maß an perversem Junkie "Ödipianismus" durchdrungen ist, regelrecht schicksalhaft. Mads ist atemberaubend, in sich verschlossenen und steuert auf die letzte tragische Geste der Reinheit mitten im Dreck zu. Tragisch deshalb, weil es eine Geste ist, die nirgendwohin führt - es gibt kein Entrinnen. In diesem Sinne ist der Zweier radikaler und verschlossener als der Einser, bei dem es zumindest scheint, als entrinne er der Hoffnungslosigkeit wenigstens ein wenig.

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Pusher (1996) 

Deutsch Eine Suche nach dem Rhythmus sowie einer Handschrift in langen Kontaktdetails und (anscheinend) teilweise improvisierten Dialogen eines Straftäterpaares. Im zweiten Teil, als der Film das Buddy-Filmmodell verlässt und lediglich Franks verzweifelten Kampf ums Überleben im Neonlicht der Nachtclubs und Bars zu sehen beginnt, entsteht Refns Vorliebe zur Ästhetisierung von Brutalität und moralisch zwielichtigen Charakteren. Während die klassischen roten und violetten Lichter anfangs grundsätzlich nicht als Attribut verwendet werden, bringt die großartige Schlusssequenz einen Regisseur zum Vorschein, der seine Helden als Projektionsleinwände für seine brutalen Visionen nutzt. Ein Film an der Grenze zwischen Amateurfilmerei, den verbleibenden Einflüssen von Dogma 95 sowie einem erwachenden visuellen Monstrum.