Marigold

Eine schöne Stimmung, umrahmt durch ein kleines Guckloch in der Tür und eine sparsame Musik. Das Finale gefällt mir, weil so eine "Anekdote" eigentlich nicht anders enden kann.

Dies ist nach langer Zeit, wo mich Bales Charakter nicht gestört hat, allem Anschein nach deshalb, weil sie hervorragend durch den prägnanten Charakter Russell Crowes ausgewogen wurde. Aber wie dreht man denn einen Film, in dem sich ein guter Bauer und ein böser Räuber gegenüber stehen und bewahrt gleichzeitig beiden Seiten ihren Charakter? Leider kommt man hier nicht ohne eine gewisse Krampfartigkeit oder ein Spielen an den Effekt aus (besonders am Ende), ansonsten inszenierte Mangold ein stilvolles, rohes und attraktives Genre-Spektakel. Außerdem ist es auf sympathische Weise bärtig, verschwitzt und altmodisch.

Der Film ist kontrovers auf eine der banalsten und boulevardmäßigsten Arten kontrovers, wie ich es mir nur vorstellen kann. Es ist ein Film mit einem soliden Drive, der jedoch zeitgleich auf schwindelerregende Weise das Bild des berühmtesten Gefängnisinsassen der Tschechischen Republik namens Kajínek als tschechischem Bond romantisiert. Es ist kaum zu glauben, dass dieser Mann ein Mitglied der tschechischen Unterwelt sein sollte, sondern er sieht eher aus wie ein postrevolutionärer Mirek Dušín, der Anführer der Jugendclique aus einem tschechischen Comic vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Und gerade das finde das eindeutig umstritten. Mich fuchste auch der affektierte Versuch um einen Lyrismus, sei dies die angespannte Musik von Václav Bárta oder die schon traditionell opulent leere Kamera von de Tschechen F. A. Brabec. Die Top-Sache im Films? Eine famose und zweifelsohne packende Darbietung von Lavronenko, der aus Kájínek eine Figur gemacht hat, mit welcher sich Zuschauer leicht tun, sich mit ihr zu identifizieren und die ihnen Leid tun wird/ die sie bewundern werden... Ist das gut? Daran zweifle ich.

Der hochexplosive Sprengstoff stochert regelrecht unter dem Hühnerhaus der Filmkritik, elitärer Vorgehensweisen sowie zeitgenössischem Bedarf nach Nachgiebigkeit aller Art herum. Sämtliche Schläge mit der satirischen Peitsche klingen zwar etwas lau aus und hinterlassen höchstens oberflächliche Narben, aber gerade das vermag die dänische Hauptkomödie: intelligent unterhalten, mit Weitblick lächerlich machen und dennoch nicht zu ernst nehmen. Dies beginnt allmählich ein nur allzu seltenes Phänomen zu sein.

Der Nachgeschmack des ansonsten kultivierten Films ist bitter. Das Thema voller Emotionen, Fragezeichen und Wendungen, kling in der frostigen Atmosphäre des Bildes mit, bis es verloren geht. Die Zuschauer haben keinen Zugang zum Inneren der Ereignisse gewährt, geben sich jedoch mit einer kalten analytischen Interpretation des Bösen im Menschen nicht zufrieden. Auf der Skala zwischen Lars von Triers emotionaler Manipulation einerseits und Michael Hanekes wissenschaftlicher Analyse andererseits platzierte ich Levring irgendwo in der Grauzone an, wo erschütternde Motive scharfe Kanten verlieren und aufgeweckte Figuren durch die expressive Umgebung der dänischen Landschaft umherlaufen. Obwohl der Filmemacher dem Selbstzweck sowie der Sinnlosigkeit erfolgreich ausgewichen ist, blieb hinter der hochglazpolierten Glasscheibe seines Films gefangen.

Kinder werden hier von der gleichen Krankheit ereilt wie viele andere ähnlich konstruierte Filme - dies ist ein Versuch, einen starken Moment der Katharsis in einer frei verzweigten Geschichte aufzufinden, die alles umdreht. Und zum großen Nachteil von Bragasons Film zielen seine Bemühungen auf einen positiven Schluss ab. Was auf dem Papier durchdacht erscheinen mag, mutet im Film unwahrscheinlich wenn nicht gar und sogar komisch unglaublich. Dort, wo dem Film Kinder Offenheit gut tun würde, haben wir eine kaum erdenkliche Pointe, die ganz eindeutig den Pfeiler des Films untergräbt - nämlich die Charaktere. Sofern sie nämlich bislang als angenehm ambivalente, unschematische anmuteten, so werden aus ihnen dank dem Höhepunkt uneinfühlsam passive Fußsoldaten in einem durchkalkulierten Drehbuchspiel. Aus Erwachsenen werden im ungünstigsten Moment zu unmündige Kinder.

Harmonie zwischen den Schauspielern und dem Macher, dezente Ironie und Absurdität bestimmen letztendlich maßgeblich den positiven Eindruck. Somit könne wir nicht sagen, dass der Streifen Eltern qualitativ seine Inspirationsquellen erreicht - Godard, Bergman oder Leigh. Wir vermerken an den Eltern immer noch eine gewisse Fixierung auf die Oberfläche der Geschichte, aber jedoch im Vergleich zum Film Kinder können wir hier mit heranwachsender Freude beobachten, wie Ragnar Bragason das Schema verlässt und in die nichtlineare Innenwelt seiner Helden eintaucht. Er bewegt sich somit vom filmischen "Geschichtenerzählen" zur eigentlichen Essenz des sozialen Dramas.

Ásgeirssons Film funktioniert in seiner Gewöhnlichkeit derart gut, dass er auskommt, selbst wenn er nicht versucht, die Situation mit tragischem Pathos künstlich zu steigern. Seine größte Stärke beruht geben exakt und lediglich auf beobachteten Situationen sowie auf der Tatsache, dass es den Betrachter zwingt, zu interpretieren und in den Gesichter sowie Handlungen der Charaktere zu lesen. Nüchternheit und filmische Mäßigung können für manch einen an Verdauungsstörungen angrenzen. Es ist jedoch keine Frage, dass Árni Asgeirsson seiner Absicht, ein intimes, glaubwürdiges und durchweg gründliches alltägliches Familiendrama zu drehen, nahezu perfekt nachgekommen ist - einschließlich des Finales, welches hinter dem scheinbar glücklichen Ende den Geruchs eines hartnäckigen Risses hinterlässt. Als hätte das Leben selbst ihn hinterlassen.

Ich freue mich allen Ernstes über diesen leicht zweifelhaften Dorn, mit welchem ich ins Kino gegangen bin. Der Anfang ist zweifelsohne eine großartige, umfassende und ehrgeizige Arbeit, jedoch aus meiner Sicht hat dieser Film zwei von Nolans früheren Meisterstücken nicht übertroffen. Im Gegensatz zum Prestige - Meister der Magie bleibt dieser Streifen strikt linear. Es fehlt ihm an großer erzählerischer Finesse, die mir auch nach dem X-ten Ansehen des Films Freude bescheert, wobei im Gegensatz zum The Dark Knight hier wiederum die monumentale Schicksalhaftigkeit fehlt. Die Idee ist brillant, jedoch das Drehbuch verrät so sind wenig alles Grundsätzliche gleich am Anfang, es erklärt gar zu viel, überrascht zu wenig. Jonathan würde das definitiv weiterhelfen. Und zweitens - DiCaprio spielt hier exakt den gleichen Charakter wie in Scorseses Shutter Island. Und wie es denn der Teufel will, es tut dies genau auf die gleiche Art und Weise. Nolens, volens haben mich diese beiden Aspekte aus dem süßer Schwindelgefühl herausgeholt, welchem hier so viele Menschen unterlagen.

Es ist ein Film, dem eine kreative Disziplin vollends fehlt und vor allem auch Ordnung, welche die "chinesische" Theatralik und lyrisches Flair mit einer modernen (und sehr ungleichmäßigen) Form in Einklang bringen würde. Chan bemüht sich wirklich, jedoch sein pazifistischer Idiot mit der Seele eines Dichters vom Lande stirbt schließlich unter den Hufen der schematischen Ideologie eines "vereinten und großen China", die bereits ein unverzichtbares Gebet sämtlicher historischen Produktionen ist, bei welchen der Staatsapparat seine Unterschrift als Patron beigefügt hat. Man gesagt, auf einer Wok-Pfanne kann man einen Spatzen vom Phönix nicht unterscheiden. Auf der Leinwand geht es, zum Glück.