POMO

Das langsame Erzählen der Geschichten von Menschen in einer minimalistischen Form ist etwas, was ich mag. Besonders dann, wenn der Schauplatz ein Dorf mit verschneiten Bergen im Hintergrund ist. Die Geschichten müssen aber einen Inhalt haben. Certain Women besteht aus Geschichten, die bei einer Auswahl der interessantesten Storys, die man verfilmen könnte, auf dem Boden landen würden. Es bleibt mir ein Rätsel, was die Regisseurin dazu bewogen hat, diese Geschichten auf die Leinwand zu bringen. Ähnliche Filme dreht z. B. Jane Campion. Der Inhalt sowie die Form ihrer Werke sind aber auf einem ganz anderen Niveau.

Gangster-Filme aus schäbigen Bars in der Unterwelt von New York sind für das Publikum attraktiv, besonders mit so einer Besetzung wie bei The Drop – Bargeld. Der Film ist unterhaltsam. Man ist gespannt, wie sich die Beziehungen der Figuren entwickeln werden und was der dramatische Höhepunkt sein wird, den man vermutet. Besonders überraschend oder dramatisch ist der Film aber auch nicht. Die Regie dämpft das Überraschungspotenzial. Es fehlen wichtige Konturen eines dramatischen Bogens, der im Finale Sinn ergeben soll. Schauen Sie sich lieber die ausgefeilteren Genre-Brüderchen Helden der Nacht - We Own the Night oder Departed – Unter Feinden an.

Filme, in denen gelangweilte Existenzen über das Leben jammern, sind inhaltlich nichts für mich. Roy Anderssons visuelle Seite finde ich aber wieder unterhaltsam. Es sind die verspielten Details, die Ausgewogenheit aller Elemente im Bild, der ästhetische Rahmen, die Masken und der Ausdruck der Figuren, die Farbenpalette, wo die lebendigste Farbe Hellblau ist (d. h. eine kalte Farbe).

Ein multikulturelles Gauner-Panoptikum und eine jungfräuliche Rächerin, die Gleichgewicht hineinbringt. Eine Sammlung von Refns beeindruckenden Trademarks, die sich nicht den Erwartungen oder Wünschen entsprechend entwickelt. Er lässt seine Fantasie einfach umherschweifen. Die ersten drei Folgen sind ein Test der Geduld. Die mittelmäßig unterhaltsamen Passagen mit der albanischen und chinesischen Mafia werden nur durch absurde Momente mit einer dänischen aristokratischen Familie auf einem Schloss unterbrochen. Die vierte Folge mit einer willkommenen Übertragung der Handlung nach Kopenhagen treiben Burić und Labovic aus Pusher 3 voran. Man kehrt auf das Schloss zurück, wo sich bizarre, chauvinistische und schwarzhumorige Szenen abspielen, in denen Refn selbst zu sehen ist. Die Meta-Symbolik und das unbefriedigende Ende sind ein Versprechen einer Comic-Zukunft. Falls es jemand bezahlen wird. Das würde mich wundern.

Ich habe gedacht, dass das Finale interessanter und zugespitzter sein wird. Der Film ist aber trotzdem eine ausgezeichnete Studie unkonventioneller Figuren mit einem unkonventionellen Konflikt in einem unkonventionellen und sehr stimmungsvollen Milieu. Spielerisch tragikomisch und unvorhersehbar, weil die Aktion und Reaktion durch zwei inkompatible Dorfbewohner vom Ende der Welt bestimmt werden, die passiv ihr Leben vergeuden. Die erste Hälfte wurde meisterhaft geschrieben. In diesem Teil ist auch die Regie großartig. Die Frage, wie das Problem gelöst wird, ist aber interessanter als seine Lösung in der zweiten Hälfte. Colin Farrell ist wieder ausgezeichnet, dasselbe gilt auch für Carter Burwell (der Soundtrack-Hofkomponist der Coen-Brüder) und das Milieu, das man als eine weitere bedeutende Figur des Filmes bezeichnen kann.

Die ganze Zeit wird nur das geklärt, warum ein Kind, welches allmählich verhungert, nicht essen will. Und es kommt nichts Mysteriöses. Ein wenig aufregendes und ziemlich banales Thema, das aber aus dramaturgischer Sicht schließlich doch Sinn ergibt. Obwohl es mild ist. Als Vorlage wurde ein Roman genutzt, aus dem die Filmemacher kein Knaller-Upgrade machen wollten. Florence Pugh ist wie immer gut, in anderen Filmen kann sie aber mehr spielen.

Eddie Redmayne wäre ein großartiger junger Hannibal Lecter. Er ist in der Lage, sowohl weinende Märtyrer als auch beunruhigende Verrückte zu spielen. Der Film ist aber durchschnittlich. Das Thema fand ich interessant. Im Hinblick darauf, dass es sich um einen Spielfilm handelt, ist seine dramatische Gestaltung jedoch mangelhaft. The Good Nurse wirkt unheimlich, weil er auf wahren Begebenheiten beruht. Der düstere Ton und das sterile Krankenhaus funktionieren gut. Die Lösung des Problems durch Jessica Chastain ergreift das Publikum aber nicht. Da wäre eine andere, tiefere Psychologie zwischen ihr und Redmayne nötig gewesen.

Luca Guadagnino füllt eine Lücke in der Kinematografie. Eine im kleinen Rahmen gehaltene Analyse des Outsider-Lebens von Personen, die süchtig nach Menschenfleisch sind. Die Existenz von verzweifelten Individuen am Rande der Gesellschaft, eine Art Paraphrase des fantastischen Vampir-Themas. Die Notwendigkeit, seine eigene Persönlichkeit zu verbergen, die Erforschung der Familiengeschichte, um sich selbst und seinen Platz auf der Welt zu verstehen. Gleichzeitig aber auch eine zarte Romantik, die davon erzählt, wie wichtig es ist, seinen Seelenverwandten zu finden. Der Film enthält grauenhaftere und blutigere Szenen, als man von einem globalen Vertrieb mit einem künstlerischen Aspekt und Timothée Chalamet erwarten würde. Mainstream-Zuschauer*innen werden den Film ekelhaft und unerträglich finden, obwohl seine Handlung ein klassisches Beziehungs-Roadmovie mit einem klischeehaften Genre-Höhepunkt ist. Einen schwächeren vierten Stern gebe ich für den Mut, durch eine künstlerische Form über die größten gesellschaftlichen Tabus zu erzählen, und für das geniale Casting von Mark Rylance. Emotional hat mich der Film aber völlig kaltgelassen, ich hatte mit den Figuren kein Mitgefühl.

Eine iranische Geschichte, die auf wahren Begebenheiten basiert. So gedreht, wie es die Iraner nie gemacht hätten. Die Protagonistin ist eine mutige atheistische Journalistin, die der Polizeichef überheblich verachtet, wenn sie ihn höflich ablehnt. Die Fahndung nach dem Serienmörder von Prostituierten ist nur der erste Akt. Danach kommt eine Reflexion der iranischen Mentalität, welche durch die Kraft des Glaubens beherrscht wird. Viele Iraner betrachten nämlich das „Säubern der Straßen von Prostituierten“ als eine gottgefällige Tätigkeit. Der Mittelpunkt des Erzählens und die am komplexesten dargestellte Figur ist der Mörder, ein lieber Familienvater, der in guter Überzeugung handelt. Ein brillantes Drama mit mehreren Schichten, das weit über die thematischen Möglichkeiten von ähnlichen westlichen Genre-Filmen hinausgeht und das keine abstrakten Arthouse-Einlagen braucht, um auch die anspruchsvollsten Zuschauer*innen zu begeistern.

Ein australisches Beim Sterben ist jeder der Erste, in dem die Herausforderer nicht böse Dorfbewohner, sondern wilde Tiere in den Tropen sind. Zwei Protagonisten, die eine Ehekrise durchmachen, und eine Situation, in der sie sich nicht wohl fühlen. Die Tiere spielen auch eine Rolle, der größte Feind sind aber sie selbst und ihr labiler psychischer Zustand. Ein stimmungsvoller Thriller, der im Hinblick auf den Raum und die bescheidene Handlung überraschend wirkungsvoll ist. Das Geschrei der Tiere, das unbehagliche Camping, die beklemmende Magie der dunklen Nacht. Die Realität verwandelt sich im Laufe der Zeit in Trugbilder, Taten werden ohne gesunden Verstand begangen.