Deadpool

Sich Deadpool anzuschauen ist ein wenig so, als würde man mit einem betrunkenen Freund über den Prager Wenzelsplatz laufen, der sich dann mitten auf den Bürgersteig hinstellt und anfängt zu urinieren. Und alle zehn Sekunden schreit er: VORSICHT, ICH HABE EIN GLIED IN DER HAND; was anfangs noch recht lustig ist, jedoch dann wird es etwas zu eindeutig und ermüdend. Deadpool ist insofern unterschiedlich das er sich so sehr von anderen Superhelden unterscheiden würde, sondern darin, dass es die Unterschiedlichkeit stets thematisiert und dem Publikum sprichwörtliches Futter zuschüttet. Ansonsten wirkt das Ganze ebenso durchschaubar wie CapAm, aber dort, wo sich der Kapitän wie der Hauptheld Mirek Dušín aus dem legendären tschechischen im Pfadfinderstil aufgemachten Comic Rychlé šípy verhält, benimmt sich Deadpool gezwungenermaßen wie ein Trottel. Es ist einfach die modellhafte Rückkehr eines Unterdrückten. Marvel hat so lange Gewalt, Vulgarität und Sex aus seinen Filmen verdrängt, bis ausreichend Material für Deadpool da war, um alle Löcher (Fäuste) auf vorbildliche Weise zu stopfen. Es funktioniert als Bestell-Fan-Service und Schmiermittel für die weiteren X-Men, wo sie sicherlich nicht fluchen geschweige denn masturbieren werden. Und ebenso gilt´s für das gesamte Marvel-Universum, wer auch immer dahinter steht. Versteht mich bitte nicht falsch - die Sprüche hier sind großartig, die Action auch. Aber unter dem Glitzergold der Witze über Korrektheit oder Selbstbefriedigung befindet sich eine ebenso karge romantische Geschichte mit einem bösen Bösewicht (Ed Skrein = lahm) wie bei vielen anderen Comics. Deadpool profitiert davon, dass der Film auf Schwächen hinweist, jedoch ist dies schlussendlich kein solch unterhaltsames oder kohärentes Spektakel wie die Guardians of the Galaxy, sondern ein verwirrend zickzackverlaufender Quilt, dessen Schwächen mit pubertären Erscheinungsformen verdeckt werden. Meiner Ansicht nach funktioniert das Ganze einfach nicht als Film, sondern als Fanboy-Mix aus Gags variablen Levels. Mit fortlaufendem Filmmaterial erwächst das Gefühl, dass der Film im Autopilot-Modus fungiert, und erzählt drei durchschnittliche Gags und dann endlich einen guten Gag. Also gut, ich nehme das Ganze an, jedoch eine Kick-Ass Verzauberung stellt sich diesmal nicht wieder ein, zumal Vaughn gegen den Wind pinkeln kann, ohne hundertmal zu betonen, dass er eben etwas in der Hand hält und sowas macht man doch nicht. Schade, dass ich nicht 20 Jahre jünger bin. Wie Kollege Samohan Řepák korrekterweise bemerkt hatte: es hätte der beste sein können Film, den ich je gesehen habe. Das hier muss ich im Rahmen der Tradition des tschechischen Films zum "SUPERHRDINSKI-FILM" (Supaheldenmovie) umbenennen. [60%] (10.02.2016)

Der frischeste Comicwind des Jahrzehnts. Er stemmt sich frech aber selbstbewusst gegen die sicheren Wege von Marvel. Er ist schlau und kennt das Universum seines Ursprungs. Er nimmt sich nicht ernst, aber gleichzeitig steckt er alles ein, was sich ernst nimmt. Ehrlich, mit einem durchdachten Schnitt (!) und einer gefühlvollen dramatischen Linie, mit erstklassigen Sprüchen und einer ausgezeichneten sowie übersichtlichen Action. Und ohne widerlichen digitalen Unsinn. Ein Comicfilm für weniger Geld, aber dafür mit einem größeren Herzen seiner Autoren. Vielleicht erhöhe ich die Bewertung auf 5*, beim zweiten Ansehen wächst die Begeisterung. (09.08.2016)

Deadpool macht großen Spaß, es ist ein begeisterter Film, in den sich seine Autoren schon längst verliebt haben. Und jetzt ist es an der Zeit, dass sich in ihn auch die Zuschauer*innen verlieben oder dass er ihnen wenigstens gefällt. Der Film ist voller verschiedener Witze. Die meisten sind vulgär und ich fand sie nach einer gewissen Zeit ein wenig langweilig und gezwungen. Dann gibt es aber noch weitere Witze, die sich über andere Filme und auch über diesen Film lustig machen; manche von ihnen haben sich offensichtlich von Monty Python inspiriert. Wenn Wade und Vanessa darüber sprechen, wer eine schlimmere Kindheit hatte, ist es wie der Monty-Python-Sketch "Four Yorkshiremen"; wenn Deadpool mit Colossus kämpft (eindeutig die witzigste Szene), ist es wie das Duell von König Artus und dem Schwarzen Ritter. Im Film hört man sogar den Namen von Basil Fawlty. Diese Art von Humor gefiel mit besser. Ich habe von Liam Neeson geträumt. Ich habe seine Tochter entführt und ihm hat es nicht gefallen. Von diesen Filmen gibt es schon drei. Vielleicht ist er ein schlechter Vater. (11.02.2016)

Aside from a certain mono-theme that gets tiresome by the end, what I actually find most frustrating about it is that Deadpool is only childish but rarely really smart. I'd have liked a few more action-planning sketches, but also more questions about whether the studio really doesn't have the rights to more mutants. It reminded me a lot of Kick-Ass 2. I raise my middle finger seven times out of ten. (04.03.2016)

After I watched the trailer for the first time, I didn’t have much faith in Deadpool. However, the ratings at this site have outright made me go to the cinema to see for myself. The result is that Deadpool did exactly what it was supposed to do. It was a little awkward at the beginning. After half an hour, I didn’t know what to think, but as soon as Deadpool started to crack the one-liners, it was absolutely unparalleled and he kept firing them like bullets. At that moment, I was enjoying every possible and impossible character of this comic universe and I was thinking about whether anyone will even appreciate this movie in 20, maybe 30 years. In the end, it doesn’t even matter, because revenue is getting generated now and it is all-telling at the moment. (18.02.2016)