Regie:
Juraj HerzKamera:
Alexander ŠurkalaMusik:
Elia CmiralBesetzung:
Mark Waschke, Karel Roden, Ben Becker, Hannah Herzsprung, Radek Holub, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Zuzana Kronerová, Jan Hrušínský, Franziska Weisz (mehr)Inhalte(1)
Der junge Unternehmer August Habermann (MARK WASCHKE) lebt Anfang der Dreißigerjahre als angesehener Bürger in einem kleinen Dorf im Sudetenland. Seit vier Generationen betreibt seine Familie dort das größte Sägewerk im Umkreis. Als er seine bildhübsche Frau Jana (HANNAH HERZSPRUNG), eine Halbjüdin, heiratet, freut sich jeder mit dem Paar. Aber die friedlichen Zeiten enden jäh: Die Deutschen holen das Sudetenland „heim ins Reich". Anfangs zeigt sich nur Augusts jüngerer Bruder Hans (WILSON GONZALEZ OCHSENKNECHT) vom Nationalsozialismus infiziert. Doch schon bald geht ein tiefer Riss durch die gesamte Gemeinde. Der intrigante Sturmbannführer Koslowski (BEN BECKER) herrscht im Dorf mit einer perfiden Mischung aus Willkür und Gewalt, und Habermanns Gattin Jana bedrängt er massiv. Der unpolitische Habermann gerät unversehens zwischen alle Fronten – den Nazis gilt er als Tschechenfreund, für die Tschechen ist er plötzlich kein Mitbürger mehr, sondern ein verhasster Besatzer... (Farbfilm Verleih)
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Kritiken (9)
Ich freue mich darüber, dass innerhalb eines Jahres in der Tschechischen Republik zwei Streifen entstanden sind, die die tragischen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs beleuchten. Jeder Film zeigt die Sinnlosigkeit des Krieges aus einem anderen Blickwinkel. Beide Filme verdienen sich hier in der Datenbank zu Recht rot, bei mir hat Das Massaker von Lidice knapp gewonnen. Vielleicht weil dort der konkurrenzlos gute Luknár mitspielt... ()
Ein sehr guter Film, und zwar nicht nur für tschechische Verhältnisse. Ausgezeichnete Schauspieler*innen, Herz’ Regie, unterstützt von einer großartigen Kamera und der beeindruckenden Musik von Cmíral, und eine interessante Geschichte, deren Verlauf leider ziemlich vorhersehbar ist. Habermann hätte ruhig ein bisschen länger sein können. Dann hätten auch andere Figuren mehr Raum gehabt (ich denke jetzt z. B. an Kaiser und Stránský). ()
Das Kennenlernen der Figuren und der Atmosphäre der Zeit im ersten Drittel verspricht ein ausgezeichnetes Drama mit westeuropäischen Parametern und einem Oscar-Ehrgeiz. Dieses Potenzial geht in der Geschichte des Films aber irgendwie verloren. Das Schreiben der Liste sollte die Schlüsselszene des Films sein, die den Rest zu einem unvergesslichen dramatischen Inferno steigern sollte. Das ist nur zur Hälfte gelungen. Aber auch so ist der Film sehr solide – die Schauspieler*innen, die Kostüme, die Ausstattung, die Kamera – das alles ist perfekt. Ich habe lange über 4 Sterne nachgedacht. ()
In den letzten zehn Jahren hat sich der Zweite Weltkrieg in der Geschichte der RAF-Flieger in Leidenschaft in dunklen Tagen und dem Schicksal der Hanule aus Želary widergespiegelt, und er spielte auch in Ich habe den englischen König bedient eine Rolle und eroberte Tobruk. Nun geht es in Herz' Habermanns Mühle speziell um die Frage der Vertreibung der Deutschen 1945, zu der der Film über einen Erzählbogen ab 1937 schlägt und so eine direkte Linie des sich wandelnden Verhaltens einer multiethnischen Gemeinschaft in extremen Zeiten verfolgt. Herz gewinnt in jeder Hinsicht und präsentiert einen Film, den das tschechische Kino seit vielen Jahren dringend benötigt. Das Übergewicht der deutschen Schauspieler ist eine der vielen Stärken, auf denen die grundlegende Wirkung des Schreckens der Ereignisse in Habermanns Mühle aufbaut. Vor allem Mark Waschke in der Titelrolle verkörpert die kompakte, vielschichtige Figur hervorragend und reicht beispielsweise Boris Rösners Schlapcke aus der Hütte Albrechtice Jahrzehnte überschreitend die Hand. Das gilt auch für die fesselnde Performance von Hannah Herzsprung und einigen anderen Gesichtern. Bei den Tschechen ist es etwas schwierig, sich den etablierten Schubladen zu entziehen, vor allem bei Roden und Hrušínský; ein gewisser Durchbruch gelang mit Kaiser und Dulava. Es ist auf jeden Fall erwähnenswert, dass Veronika Gajerová, die mit ihrer Leistung die Anforderungen der ihr gegebenen Vorlage ideal erfüllt, zum ersten Mal seit 1989 einen Fernsehfilm erhalten hat. Wahrscheinlich könnte man jetzt überlegen, ob Herz nicht doch unbewusst eine Verteidigung der deutschen Seite gegenüber der tschechischen Seite vorlegt, aber in diesem Fall wäre schon der bloße Gedanke daran Gotteslästerung. Die Geschichte ist fließend und passt sich der Zeit an, die in ziemlich großen Abschnitten unterbrochen wird, um sich auf die Pointe konzentrieren zu können. Und gleichzeitig findet man Zeit für visuelle Anspielungen auf Coach to Vienna zu finden... Der einzige wirkliche Nachteil ist, dass sich das Marketing ausschließlich auf Karel Roden konzentriert, der in der Handlung nur eine Nebenrolle spielt und damit den Hauptdarstellern des Dramas den Platz stiehlt. ()
Sicherlich ist dies das bedeutendste und wahrscheinlich auch eines von Herzs gelungensten Werken seit seiner kreativen Blütezeit (die mit dem Film Morgiana endete). Zeitgleich ist dies jedoch ein Film, der neben dem letztjährigen Protector mit seiner radikalen Tendenz zum Pathos und fernsehseits dank seiner konservativen Behandlung unheimlich altmodisch daherkommt. Es ist verdienstvoll, dass es das schmerzhafte und immer noch heikle Thema der Abschiebung der Deutschen sowie der oftmals gegen unschuldige Angehörige anderer Nationalitäten begangene Verbrechen aufwirft. Weniger verdient ist es da, dass er in seiner Betrachtungsweise der Welt manchmal krampfhaft, geballt und pathetisch erscheint, wenn auch mit einem umgekehrten Satzzeichen (die Charaktere der tschechischen Schweine entsprechen hier im Wesentlichen den typischen filmischen SS-Mitgliedern). Habermanns Mühle ist überall dort sehr gut, wo sie sich auf das zivile Thema fokussiert (Habermann als Mann, der "jenseits“ der Ideologie leben will, was sein fataler Fehler ist) und sich nicht in die aufsteigenden Wellen der Tragödie wagt. Sobald es nämlich tragisch wird (ein Interview mit Habermanns Frau und dem Sturmbahnführer, die Hinrichtung der Tschechen, die abschließenden Szenen des Lynchens), so erinnert der Film wieder ans altbekannte Stück unnatürlicher und knochiger Drehbuchgleichungen. Man kann dessen auch die zweifelhafte Sprachwahl beschuldigen - warum um alles in der Welt sprechen zwei Deutsche dank dem tschechischen Synchronsprechens auf Tschechisch miteinander, und dann auch noch unheimlich um einen harten deutschen Akzent bemüht? Es gibt hier etliche unangenehmen Mumpitz, den jedoch andererseits Herz stets vermag mit erfolgreicheren Momenten wettzumachen, wo ich das Gefühl hatte, dass dieser Film etwas zu bieten hat, nur sagt er dies einfach nie zu Ende aus. Sein größtes Kapital bleibt daher die solide handwerkliche Qualität, eine sensible Regie, die stilvolle Musik und insbesondere der charismatische Mann namens Březina, gespielt von Karel Roden, einem Charakter, dank welchem Habermanns Mühle hier und da überraschenderweise doch richtig fungiert. [55.5% :o)] ()
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