Der Rausch

Manchmal ist Alkohol sowohl Ursache als auch die Lösung aller Probleme, um Homer Simpson zu paraphrasieren. Vinterberg dient das mit frischem Hauch wehende und gut geschriebene Drehbuch gut, besonders jedoch die Zusammenarbeit mit dem berühmten Kameraman Sturlo Brandth Grøvlen, dem es gelingt, Realismus und Kamerakinetik in einer Form zu kombinieren, in der man sich wirklich berauscht fühlt. Ja, in gewisser Hinsicht stellt sich dies wie ein modellhaft aufgebautes Drama in Die Jagd dar, in dem man spürt, wohin die Reise geht. Vinterberg schafft es jedoch, schmerzlich persönlich und höflich zu sein, was ihm in der toten Kommune bis zur Verzweiflung nicht gelingen konnte. Seine Figuren und ihre betrunkene realitätsgetriebene Bewegung sind völlig frei von Moral und in diesem Film steckt etwas ungewohnt Aufrichtiges. Während Vinterberg nach Dem Fest gelegentlich als Manierist oder apathischer Leinwandwerker wirkte, überwiegen hier Dringlichkeit und sarkastische Energie. Es ist eine der besten Dramatisierungen der Leere sowie eines Gefühls der Wertlosigkeit, die in einem bestimmten Alter auftreten. Zeitgleich drückt Der Rausch die flüchtigen Gefühle der Euphorie mitsamt derjenigen Momente, in denen ein Mensch das Gefühl hat, zum Leben gereift zu sein, auf brillante Art und weise aus (so um uns im Nu enttäuschen zu können). Hierbei handelt es sich um einen Film der von einer schmerzhaften Suche, einer destruktiven Freundschaft sowie über die Tatsache erzählt, dass Katharsis nicht unbedingt bedeutet, die Antwort zu finden, sondern sich dem Moment hinzugeben. Mit seinem letzten Auftritt bestätigt Mikkelsen seine Höchstform und beschreibt mit seiner Bewegung etwas, das ich sehr gut kenne und das ich in Filmen in dieser transparenten nordischen Offenheit nicht so oft antreffe. (08.10.2020)

Thomas Vinterberg, Mads Mikkelsen und alte Freunde aus Das Fest (1998). Oder die nächste Generation des dänischen Filmwunders der 1990er Jahre. Die Jagd (2012) war bereits brillant, und es wäre toll, wenn Vinterberg und Mikkelsen auch in Zukunft ein weiteres gemeinsames Thema finden würden. Der Rausch ist eine dieser Kinoerfahrungen, von denen man gut und gern behaupten kann, sie seien ein Juwel. (10.01.2021)

Filmchallenge Nummer zwei in der Quarantäne - Erforschung der internationalen Kinematografie, USA. Thomas Vinterberg hat erneut nicht enttäuscht und kommt mit einem anregenden Thema, das man aus soziologischer, psychologischer, psychiatrischer, allgemeinmedizinischer, familiärer und beruflicher Sicht betrachten kann, und da habe ich noch nicht einmal die Hälfte aufgezählt. Angesichts der persönlichen Tragödie in Verbindung mit der Vorbereitung dieses Films müssen die Dreharbeiten für ihn außerordentlich schmerzlich gewesen sein. Ich glaube, dass er mit dem Ergebnis zufrieden ist und seiner verstorbenen Tochter der Film ehr gefallen hätte. Ich wollte vier Sterne geben, weil bei Vinterberg bei mir wohl auf ewig Die Jagd und Das Fest auf den ersten Rängen stehen werden, doch dieses unglaublich mit Energie aufgeladene Ende und die Tanzkreation von Mads Mikkelsen verdienen noch ein Sternchen mehr. Ich weiß, dass ich mir diese Szene noch mehrmals anschauen und sie lange nicht aus meinem Kopf bekommen werde. (03.01.2021)

Intoxicating, incredibly intoxicating. A film that perfectly captures all the phases around alcohol. The positive ones, when booze miraculously makes us more fun, more cool, more relaxed people. But also the negative ones, when we wake up in a different place than we want or (according to our sober selves) should. In a state where we're not as well as we were a few hours ago. Now imagine if someone could translate all of this into a movie and film it exactly how you feel during these phases. It's hard to say why I’m not giving it the highest score. Maybe when I'm shivering around my apartment, glass in hand, to the final song and feeling like I own the world, I'll mark it up. Or after it airs on TV. We'll see. (02.05.2021)

A great drama focused on the concept of somehow controlled alcoholism. Vinterberg again captures important details which he dresses in a plot about real problems of our age. The acting is top-notch, Mads is cleverly hidden away at first, only to become the powerhouse of the movie in the finale. Alcohol as a friend and as a destructive power. A picture about weaknesses. (03.01.2021)