Šarlatán

So wie Red Secrets - Im Fadenkreuz Stalins, der vorige Film von Agnieszka Holland, verdient eigentlich auch Charlatan keine sauberen fünf Sterne… Wenn es nicht Ivan Trojan gäbe. Ich weiß, dass er ein ausgezeichneter Schauspieler ist, aber damit, was er hier unter der Leitung einer weltberühmten Regisseurin zeigt, übertrifft er sich selbst. Ich habe lange darüber nachgedacht, wann ich mich zum letzten Mal von der Leistung eines tschechischen Schauspielers in einem tschechischen Film so angesprochen fühlte, und bin bei Bolek Polívka im Film Forgotten Light gelandet. Ivan Trojan zeigt hier nämlich eine unglaubliche Schauspielleistung. Man könnte sie mit der von Rudolf Hrušínský oder Miroslav Macháček vergleichen. Es ist nicht Trojan, sondern Mikolášek, den man manchmal bewundert und manchmal hasst. Sehr gut ist auch Josef Trojan. Er wurde nicht nur deshalb besetzt, weil er seinem Vater ähnlich sieht. Es gefielen mir auch das bescheidene Drehbuch und die zurückhaltende Regie. Am Ende war mir übel und es ist egal, dass es nur erfunden war. Ich habe verstanden, warum das passiert ist, was passiert ist und warum die Figuren das machten, was sie machten. Aber das hat mir die Wahrnehmung von diesem drastischen Werk auch nicht erleichtert. (30.08.2020)

Eine starke Geschichte über einen außergewöhnlichen Mann und sein schweres Schicksal. Die hervorragende Arbeit von A. Holland und den beiden Hauptdarstellern war wirklich ein Erlebnis. Es ist gut, dass diese vom wirklichen Leben inspirierte Geschichte Raum erhalten hat und das Bewusstsein für eine Zeit schärft, an die man stets erinnern muss. Dass es im Menschen keine Menschlichkeit gibt, dass Liebe nicht verboten werden darf. Schließlich möchte ich die leichte Arbeit und das großartige Drehbuch loben. (06.03.2021)

Ich hatte mich vielleicht ein wenig zu sehr auf Charlatan gefreut, angesichts des starken Themas und der beteiligten Filmemacher, und ich war ein wenig enttäuscht vom Endergebnis. Aus technischer Sicht ist Charlatan größtenteils gut gemacht - die sichere Kameraführung und die unverwechselbare Musik sind der Beweis dafür. Die schauspielerischen Leistungen waren wie erwartet wirklich überzeugend, ohne unnötige Theatralik - neben dem fast fraglos exzellenten Ivan Trojan darf ich nicht vergessen, den jungen Trojan zu erwähnen, der seinem Vater in nichts nachstand, dann die zivile Leistung von Jaroslava Pokorná und last but not least die solide Rolle des mir bisher unbekannten Juraj Loj. Was mich an dem Film allerdings gestört hat, war seine erzählerische Unausgefeiltheit und seine Verkürzung an mehreren Stellen - seien es die bereits erwähnten Kätzchen oder vor allem die letzten Minuten des Films. Einerseits handelt es sich um einen mutigen und für unsere Verhältnisse überdurchschnittlichen Film mit einigen wirklich eindrucksvollen Momenten (der Tod von Zápotocký, die Verhaftung durch die Gestapo), der neben der "Scharlatanerie" auch gleichgeschlechtliche Beziehungen in der Nachkriegszeit problematisiert, andererseits gibt es einige Stellen, an denen ich einfach das Gefühl hatte, dass etwas fehlt und ich mich der gewünschten Erfahrung etwas beraubt fühlte. Schwächere vier Sterne. (21.08.2020)

Ich habe von Herrn Mikolášek vorher noch nichts gehört, ich kannte die Vorlage nicht und wusste auch nicht was mich erwarten würde. Ich war mir jedoch sicher, dass die Verbindung von Agnieszka Holland und Ivan Trojan nicht anders als toll enden kann. Es gefiel mir, dass es sich nicht um einen Streifen handelt, der irgendeine Persönlichkeit anbetet und nur ihre positiven Seiten hervorhebt. Die Regisseurin deckt auch die Schattenseiten und eine bestimmte innere Zerrissenheit auf. Ich bin mir nicht sicher, ob sie auch die Szene mit den Katzenwelpen eingeschlossen hat, die habe ich nicht verstanden und hege ihr als einziger des gesamten Films gegenüber Vorbehalte. In Nebenrollen brillieren Miroslav Hanuš, Juraj Loj und Jaroslava Pokorná. Für mich der zweitbeste Film des Jahres 2020 nach Shadow Country. (06.02.2021)

Dieser Film erfüllt perfekt die Bezeichnung "der am meisten erwartete inländische Film von heuer". Den hohen Qualitätsstandard sichert Agnieszka Holland, die quasi selbst die Verkörperung der Qualität ist. Nur sollte der Film verhältnismäßig mehrere Fragen beantworten statt sie zu stellen. Am Ende habe ich ziemlich viel damit zu tun gehabt, das Leben von Jan Mikolášek überhaupt zu überblicken. Nichtdestotrotz ist mir klar, dass wenn man etwas über ihn sagen kann, dann hauptsächlich das, dass seine Persönlichkeit stark widersprüchlich war. Warum aber Agnieszka die Momente der grundlosen Gewalt in einigen Szenen so zur Schau gibt, kann ich nicht verstehen. Eine Szene hat wortwörtlich mit meiner Galle bewegt und es würde mich wahrlich interessieren, warum sie in den Film aufgenommen wurde. Im Grunde erklärt sie nichts, sie übermittelt nur den Eindruck von einer Person, die einem gefällt für das, was sie tut, aber gleichzeitig kann sie aufgrund von ihrem Fehlverhalten gar nicht gefallen. Sie stellt hier das Gestapo auf die gleiche Ebene wie die Kommunisten und zeigt, was für eine Schweinerei es in beiden Fällen war. Es ist ohne Frage sehr gut, dass solche historischen Filme bei uns immer noch gedreht werden, ich würde solche Filme den heutigen Kommunisten bis zur Ohnmacht laufen lassen, damit sie sehen, wie sie der Welt geschadet haben. Charlatan ist aber trotz allem ein einmaliges Film-Erlebnis. Die Schauspielerei ist auch fehlerfrei. Jeder Einzelne befindet sich hier auf dem richtigen Platz und keiner gibt einen Anlass zur Kritik. Natürlich ist Ivan Trojan die absolute Spitze, hier absichtlich ein wenig emotionslos. Sein Sohn weckt in uns eine große Vorfreude auf die weitere tschechische Kinematografie. Ich muss aber gestehen, dass ich am meisten Jaroslava Pokorná bewunderte. Sie spielte eine hervorragende Rolle, in der letzten Zeit eine der schönsten, die ich in den tschechischen Filmen zu sehen bekam. Insgesamt finde ich, dass Charlatan ein Film der europäischen Größenordnung ist und auch wenn ich in ihm viel Diskussionspotenzial gefunden habe, muss ich sagen, dass ich ihn richtig genießen konnte. (25.08.2020)