claudel

Filmchallenge 2018 - Chile. Ich habe den Inhalt nicht gelesen und mir immer gesagt, dass etwas anders als normal ist. Und entweder bin ich schwer von Begriff oder so liberal, dass ich keine Vorurteile habe und unterbewusst jegliche Abweichung akzeptiere. Wie sich die Dinge verhalten, das verstand ich erst etwa eine Stunde nach dem Beginn, und damals habe ich begriffen, warum sich alle so seltsam und abstoßend gegenüber Marina verhalten. Ein teilweise besonderer, teilweise interessanter, sehr intimer, künstlerisch bravourös gemeisterter und schauspielerisch sehr gut gespielter Streifen. Rein subjektiv würde ich aber im Falle des Oscars für den besten ausländischen Film Loveless bevorzugen, doch ein russischer Film wird wohl noch sehr lange keinen Oscar bekommen. So ist eben Politik, doch der Preis für Eine fantastische Frau beleidigt mich nicht.

Filmchallenge 2018 - Estland. Ich dachte, der ukrainische Ausrutscher mit dem Titel OrAngeLove kann von keinem Film übertroffen werden, doch das estnische Mushrooming ist noch schlimmer. Neunzig Minuten mit anzuschauen, wie drei Verrückte im Wald spazieren gehe und zwei andere Verrückte treffen und wie sich daraus ein Plot entspinnt, das ist für mich absolute Zeitverschwendung. Die Esten haben mich enttäuscht, in der vergangenen Challenge lagen sie dabei sehr gut.

Toll, hervorragend und viel besser, spannender und interessanter als das von allen gelobte und mit Preisen dekorierte Big Little Lies mit den hysterischen Damen Witherspoone und Dern. Vor allem schätze ich die perfekte Wahl der beiden Hauptfiguren - Jessica Biel ist ein außerordentlich überzeugend, und der vergessene Star der Neunziger Bill Pullman feiert eine gebührende Rückkehr an einen Platz an der Sonne. Zu beiden passten ihre Rollen perfekt, Bills Verbissenheit und Hartnäckigkeit haben mir imponiert. Diese Miniserie bestätigt meine private Sicht auf die Welt und die Gleichgewichte in ihr, deshalb sprach sie mich viel mehr an als das hysterische Gekreische darum, das irgendein Kind einem anderen Kind im Kindergarten einen Kuss gegeben hat. Bravo, und ich nehme mit Begeisterung die Information auf, dass eine zweite Staffel in Arbeit ist.

Filmchallenge 2018 - Tschechische Republik. Bei den Filmen von Petr Václav ist offensichtlich, dass sie auf internationale Ebene übergreifen, was wahrscheinlich durch Václavs Aufenthalt in Frankreich gegeben ist. Seien Filme können wir gut und gern irgendwohin in die Welt schicken, Václav ist nicht durch den kleinen tschechischen Teich vorbelastet mit all dem Guten und Bösen, das darin schwimmt. Die Verbindung Roden-Vlasáková hat er uns schon in Parallel Worlds angeboten, und sich diesmal funktionieren sie toll, wenngleich in einer absolut anderen Verfassung. Roden spielt meines Erachtens noch sehr viel besser als in dem hochgelobten Verrat von München. Ich darf Miroslav Hanuš nicht vergessen - Theater- und TV-Zuschauer können ihn zur Genüge auskosten, doch in Filmen tauchte er nicht so oft auf. Ganz bestimmt sollte er mehr Gelegenheiten als Schauspieler bekommen, damit sich ihn die Mehrheit des Volkes nicht nur als widerlichen Korejs aus der Abteilung eins einprägt. Und damit ich nicht nur lobe - ich hätte gut und gern auf Rodens unappetitliche Szene auf der Toilette verzichten können und denke, dass Petr Václav noch etwas mehr und besser mit dem Drehbuch hätte spielen können.

Filmchallenge 2018 - Finnland. Ein weiterer ordentlicher Brocken des finnischen Filmgottes Aku Louhimies. In Tschechien ist es kühler geworden, und ich fuhr auf Dienstreise nach Helsinki, wo die Temperaturen noch weiter unter Null liegen, überall Schnee und Eis. Und ich Verrückter habe mir noch das kälteste Hotel in der Stadt gebucht, denn früher diente das Gebäude als Gefängnis. Was anderes hätte man sich anschauen sollen als einen finnischen depressiven Film, damit alles die richtige Symbolik hat. Ich fühlte mich nicht eine einzige Minute lang gut, Jessica Grabowsky ist sehr hübsch, und umso mehr ergriff es mich, wie sie ihr Leben zerstört, sie spielt wie vom Blatt. Eero Aho hatte mich schon in Tears of April - Die Unbeugsame fasziniert, er enttäuschte wiederum nicht und spielt brillant abstoßend. Die einzige Figur, die ich nicht mochte, war der weinende, ungeschickte Polizist, ich denke, dass ich diese Figur kühn als überflüssig bezeichnen kann. Ein starkes Erlebnis - wohl schon das dritte Sozialdrama in Folge, im Interesse der Wahrung der geistigen Integrität muss ich mich einem leichteren Genre widmen.

Filmchallenge 2018 - Russland. Ein hervorragender Film, der sehr gut in einigen starken und zugespitzten Szenen eine Partnerkrise zeigt, die unabsehbare Folgen für das Kind hat, und so ist es leider tatsächlich, dass jeglicher Zerfall, alle Trennungen und Scheidungen gerade die Kinder auszubaden haben. Traurig, schmerzlich, aber verdammt wahr und real. Lange habe ich keinen russischen Film mehr gesehen und dazu noch keinen so tollen.

Sträflich, wie dieser Film nicht mehr Oscarnominierungen erhalten konnte. Nun ja, es überrascht mich wieder nicht, dass er eher in Frankreich anerkannt und gelobt wird als anderswo. Traurige Realität, meisterliche schauspielerische Leistungen von Debütantinnen und des erfahrenen Willem Dafoe und eine tolle Kamera. So stelle ich mir vor, so sollte ein Sozialdrama aussehen, ohne Beschönigungen, Gewalt oder sinnlos viele naturalistische Szenen, die mich sonst nicht stören. Einer der besten Filme des Jahres 2017.

Zu sehr, sogar viel zu sehr amerikanisch. Ich habe gehofft, er würde auf seinen peinlichen Applaus und das Jubeln verzichten, doch leider... Ein durchschnittlicher Film mit der Garantie guter schauspielerischer Leistungen eines bewährten Trios (Steep, Hanks, Letts). Trotz der beträchtlichen Länge habe ich mich nicht gelangweilt, Spielberg ist es gelungen, die Spannung im Zuschauer aufrechtzuerhalten, wie es weitergeht.

Die dunkelste Stunde ist kein mitreißendes, hinreißendes oder außergewöhnliches Filmschauspiel, sondern ich werde den Streifen immer als den Film im Gedächtnis behalten, in dem Gary Oldman die beste Leistung seiner Karriere erbringt, es ist buchstäblich die Rolle seines Lebens. Auch wenn ich ein eingefleischter Fan von Daniel Day-Lewis bin, des besten Schauspielers aller Zeiten und des Roger Federers der Filmleinwand, erkenne ich an, dass sich Gary Oldman für 2017 diesen Oscar verdient. Und natürlich auch die Maske, die ihn in Winston Churchill verwandelte. Zu diesem Film kann ich nicht viel schreiben, er fußt auf Oldmans fantastischer Leistung, aber er bringt nichts Neues und fasziniert durch nichts.

Eine handwerklich meisterhafte Leistung, formal sehr unüblich, fast dass ich mich stellenweise in diesem schnellen Schnitt verloren hätte, so dass ich nicht wusste, wo und in welcher Zeit ich eigentlich bin. Ein gelungener Streifen, der technischerseits glänzt und dem Zuschauer im Kino ganz sicher ein sensationelles Schauspiel bietet. Kenneth Branagh versteht es, Figuren von beiden Seiten eines Konflikts zu spielen.