claudel

Auf Netflix gelingt es mir nicht, sonderlich viele französische Filme herauszupicken. Umso größer ist meine Freude, wenn mich einer aus dem Angebot anspringt. Madame Claude erfüllt sämtliche Attribute des französischen Films nach meinen Vorstellungen - eine Geschichte vor dem Hintergrund wichtiger historischer Meilensteine, reizende Französinnen in eleganter Kleidung und mit einer Zigarette im Mund, melancholische Musik in einer Interpretation von Francois Hardy u. ä. und eine typische, unverwechselbare Atmosphäre. Doch um nicht zu sehr zu loben, so war doch die erste Hälfte wirkungsvoller, die zweite verlor sich von der Handlung her ein wenig und wirkte verwirrend, trotzdem ist der abschließende Eindruck hervorragend.

Eine französische Clubgeschichte, in der eindeutig die Form über den Inhalt siegt. Wenn ich nicht in jeder Einstellung mein geliebtes Paris vor Augen hätte und nicht Orte erkennen würde, an denen ich lange nicht mehr spazieren gegangen bin, dann hätte ich es wohl psychisch nicht ausgehalten. Ich liebe Geschichten, und dieser Film hat keine. Es ist so ein Meditieren über eine Partnerbeziehung in turbulenten Zeiten. Ein Sternchen für Paris.

Ganz gewiss gehöre ich nicht zur Zielgruppe, doch die Serie gefällt mir trotzdem. Am meisten schätze ich die besondere Atmosphäre, die von einer hervorragenden Musik abgerundet wird. Ich glaube, dass das von der Buchvorlage ausgeht, und wahrscheinlich ist es gelungen, dies gut ins Fernsehen zu übertragen. Die Schwüle und die Spannung wurden toll auf dem Grundriss der drei wichtigsten weiblichen Hauptfiguren aufgebaut, deren Anspannung, Emotionen, gegenseitige Anziehung und irgendwie Abstoßung den richtigen Thrillercocktail schaffen. Und wenn ein Thriller von einer Krimilinie ergänzt wird, ist genug Stoff für Unterhaltung gegeben. Als jemand, der Detektivgeschichten liebt, stört mich natürlich das Unfertige, bzw. die erste Staffel endet so, wie Serien enden, bei denen man von einer zweiten Staffel ausgeht. Auf mich wirkt das wie ein Betrug an den Zuschauern und Fans, so kann man doch keine Serie enden lassen, es hätte ausgereicht, bei fehlendem Interesse seitens der Produktion noch drei, vier weitere Teile zu drehen, die befriedigende Antworten auf legitime Fragen bieten, die sich die Zuschauer eindeutig stellen mussten. Hoffentlich besinnt sich Netflix...

Filmchallenge, Genres - Märchen. Ich verstehe die begeisterten Reaktionen nicht, dass es sich um das beste tschechische Märchen der letzten Jahre handelt. Ich kann mir das bei einem sehr jungen Publikum vorstellen, das das klassische und traditionelle tschechische Märchen nicht mehr kennt. Eine in der Zeit verwunschene Prinzessin wirkt nämlich überhaupt nicht tschechisch und nicht einmal die tschechischen Burgen, die toll aufgenommen wurden, kommen mir nicht mehr so vor. Wenn ich Křenková, Lambora, Zach und die anderen nicht kennen würde, hätte ich das Gefühl, es handele sich um ein ausländisches Märchen. Gelungen ist die sexy böse Zauberin gespielt von Simona Zmrzlá, sympathisch und glaubwürdig wirkte Roman Zach, und wie immer hat mir auch Eliška Křenková gefallen. Filme mit einer Zeitschleife können spitzenmäßig enden oder auch verwirrend und langweilig wirken. Und ich habe mich die gesamte Zeit über recht gelangweilt, ich kämpfte gegen den Schlaf an.

Filmchallenge, Genres - Buchadaption. Eine erste Schwalbe und im Grunde gut. Die Verfilmung eines Buches von Petra Soukupová erfordert riesigen Mut und unglaubliche Sorgfalt, deshalb ist es ganz sicher überdenkenswert, die Autorin selbst anzusprechen, ob sie das Drehbuch übernimmt. Das Ergebnis ist wirklich anständig, trotzdem muss ich subjektiv feststellen, dass der Film mein Herz nicht so ergriffen hat wie das Buch bzw. die Erzählung.

Filmchallenge, Genres - Western. In der letzten Zeit verfolge ich den Trend zweistündige Filme zu drehen, bei denen die Geschichte zweitrangig ist, die Hauptrolle übernehmen lange Einstellungen, die Kamera und null Plot oder nur ein minimaler Plot. Anfangs hatte ich diesen Eindruck auch bei Neues aus der Welt, dann aber kam eine klassische Westernszene, die mich aus meiner Lethargie riss und mich zwang, den Film aufmerksamer zu verfolgen. Dann kommt es wieder zu einer Verlangsamung, doch im Grunde ist das ein anständiger Western mit einer sehr guten Leistung von Helena Zengel.

Minari - Wo wir Wurzeln schlagen und Nomadland verbindet eines - Sie können sich für fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig, vielleicht auch dreißig Minuten vom Bildschirm entfernen, und Sie werden in der Handlung keine wesentliche Entwicklung, Verschiebung oder Dramatik verpassen. Die Handlung fließt nämlich nur so dahin, die Kamera fängt sehr schöne Bilder ein, doch die Figuren spielen nichts Weltbewegendes. Zwei dramatischere Szenen gibt es zwar auch, aber das ist auch alles. Eine Oscarnominierung für die beste männliche Hauptrolle wirkt neben Anthony Hopkins und Gary Oldman völlig fehl am Platze.

Filmchallenge, Genres - Theateradaption. Eine Meisterleistung von Anthony Hopkins - mit 83 Jahren eine solche Theaterleistung voller Dialoge und Mimik zu vollbringen, die absolute geistige Verwirrung veranschaulicht und betont, das verdient Respekt, Bewunderung und Wertschätzung. Der Streifen ist so gedreht, dass der Zuschauer vom allgegenwärtigen inneren Chaos eingeschlossen wird, das sich tief unter die Haut gräbt und in ihm Gefühle von Paranoia, Schizophrenie, Wirrungen und Halluzinationen hervorruft. Bei all dem muss er sich Fragen stellen - wer wer ist, wo die Wahrheit liegt, welche Figur wirklich lebt oder sich in Anthonys Umfeld bewegt und wie das eigentlich mit seiner zweiten Tochter war. Die Filmemacher mussten Anthony Hopkins notwendigerweise eine tolle Schauspielerin zuspielen, die den Part seiner Tochter spielen konnte. Olivia Colman kann keine schlechte Wahl sein. Endlich habe ich unter den Oscar-Filmen meinen persönlichen Favoriten gefunden, bei dem ich nicht zögere, ihm die volle Anzahl Sterne zu geben und dem ich aus ganzem Herzen in ein paar Stunden die Daumen halten werde, damit er so viel wie möglich Preise aufräumt. Anthony, Olivia und das gesamte Team verdienen das.

Filmchallenge, Genres - Road Movie. Ich empfehle es nachdrücklich allen Fans, Bewunderern und Verfechtern der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich leide nicht an Illusionen, und so betrachte ich mich nicht als den richtigen Zuschauer bei einem solchen Streifen. Nicht anzuzweifeln ist die Geschicklichkeit von Regie und Kamera, wirklich nicht. Doch die Geschichte? Die grundlegende Botschaft zum Zustand der Vereinigten Staaten von Amerika kann auch anders als in einem Film vermittelt werden. Ich musste mich sehr überwinden, um Nomadland überhaupt bis zu Ende zu schauen, stellenweise war dies für mich starke psychische Qual. Und Frances McDormand und ich werden nie auf einer Wellenlinie senden. Ich habe es hinter mir, und heute Nacht wird dieser Streifen nicht in der Kategorie Bester Film gewinnen, es gibt dort andere und viel bessere Anwärter.

Von allen in diesem Jahr für einen Oscar nominierten Filmen ist ganz sicher Sound of Metal vom Sujet her am originellsten. Ich habe nie einen solchen oder einen ähnlichen Film gesehen oder davon gehört. Als die stärksten Passagen betrachte ich die einleitende Auseinandersetzung mit der schockierenden Situation und den Schluss mit Mathieu Amalric und der französischen musikalischen Begleitung. Ich würde den Film kürzen, so wie wohl alle diesjährigen Oscar-Filme.