Eine Geschichte von Liebe und Ehre

Ab und zu war es sehr nützlich, Vávra ein großes Thema unserer Kulturgeschichte behandeln zu lassen. Mit der ihm eigenen Sorgfalt ließ er viele Berufe entstehen, großartige Kulissen und Kostüme, und gab Gelegenheit zu ausgereiften schauspielerischen Leistungen. Und als Marionettenspieler ließ er einen der wichtigsten Mythen der tschechischen Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder auferstehen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die ganze Liebesbeziehung zwischen Světlá und Neruda nur in Bruchstücken und Abschriften überliefert ist, was zu einer ganzen Reihe von Interpretationen und Verrenkungen geführt hat, und in jedem Zeitalter ist eine neue Meinung und ein neuer Streit darüber entstanden, was zwischen diesen großen Literaten tatsächlich passiert ist, wann genau und wie dies ihre Arbeit (und ihr Leben) beeinflusst hat. Und Vávra fürchtet sich vor nichts; er macht sich die marginale Tatsache zunutze, dass Neruda Světlás letzten Brief nie gelesen hat und dass Světlá die Asche der Briefe, die sie ihrer Ehe mit Mužák opferte, als Andenken aufbewahrt hat. (08.11.2020)